Öffentlich-Private Partnerschaften: Gekaufte Inhalte

Beim 8. Bundeskongress ÖPP vernetzen sich Wirtschaft und Politik. Gemeinsam verleihen sie Preise, vor denen man weglaufen sollte.

Schönes Scheitern: Elbphilharmonie. Bild: dpa

BERLIN taz | An diesem Donnerstag trifft sich in einem Berliner Hotel ein wichtiger aber überschaubarer Kreis von Politikern, Vertretern von Kanzleien, Banken, der Bauwirtschaft, der Berater- wie auch der IT-Branche. Sie alle geben sich beim 8. Bundeskongress ÖPP sich als „Partner“ der Öffentlichen Hand aus.

Tatsächlich geht es ausschließlich um Profit: finanziellen und politischen. Und angesichts einer recht verheerenden Bilanz ist die ÖPP-Branche vor allem auf Lobbyarbeit und gute Beziehungen angewiesen.

Darum geht es auch beim „Innovationspreis PPP 2013“, meint Carl Waßmuth. Er arbeitet ehrenamtlich für die Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“ (GiB). Die kam bei ihrer Analyse der letzten innovativen Preisträger zu dem Ergebnis, dass diese Ehrung eher Angst einflößen müsste. Von 51 Prämierten Projekten seien allein in den ersten fünf Jahren acht abgebrochen wurden, oder wiesen erhebliche Leistungseinschränkungen oder Kostensteigerungen auf.

Weil unter den premierten Projekten auch solche wie das Mautsystem Toll Collect oder die Fehlinvestition der Elbphilharmonie fallen, türmt sich die Schadensbilanz der Preisträger noch höher auf. So hätten die 51 bisher prämierten Projekte ein Gesamtvolumen von 18,4 Milliarden Euro, davon seien rund 9 Milliarden Euro gescheitert, so Waßmuth. Bezogen auf alle etwa 210 ÖPP-Projekte seit Auslobung des Preises 2005 wurde etwa jedes vierte Projekt ein Preisträger.

Bezahlen müssen stets die Bürger

Öffentlich-Private Partnerschaften (PPP oder ÖPP) sind Kooperationen zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft. Sie verfolgen das Ziel, Infrastrukturen, Einrichtungen und Dienstleistungen des öffentlichen Sektors (Straßen, Schulen, Krankenhäuser, Gefängnisse etc.) durch private Beteiligung zu planen, zu bauen, zu finanzieren und gegen Entgelt des Auftraggebers über längerer Zeiträume zu betreiben.

Allein bei Toll-Collect (Sonderpreis 2005) belaufen sich die Schadensersatzforderungen des Bundes laut GiB mittlerweile auf rund 7 Milliarden Euro.Die Schulsanierung im Landkreis Offenbach (Preisträger 2005) dürfte um über 200 Millionen Euro teurer werden als geplant. Zahlen werden dies weder die Berater von Ernst & Young oder die Kanzlei Freshfields, noch die verantwortlichen Politiker, sondern stets die Bürger.

Öffentliche Infrastrukturen sind als risikoarme Profit- und Verpfändungsmöglichkeit attraktiv für Investoren und Banken. Für Politiker wiederum sind ÖPP-Modelle in Zeiten leerer Kassen vor allem deswegen so inspirierend, weil die Zahlungen, die dem privaten Partner über Jahrzehnte zu leisten sind, wie laufende Mietkosten behandelt werden. Sie tauchen daher nicht als zusätzliche Verschuldung im Haushalt auf. So können sich PolitikerInnen als handlungsfähig und gemeinwohlorientiert gebärden und prassen.

Drastische Nachteile werden ignoriert

Erst vor zwei Wochen fällte der Bundesrechnungshof erneut ein erschreckendes Urteil über diese „Partnerschaften“ im Bundesfernstraßenbau. Trotz „Nachteil im zweistelligen Millionenbereich“ hält das zuständige Ministerium an derartigen Vorhaben fest. „Das Bundesverkehrsministerium wertete diesen Kostennachteil als leichten Nachteil“, heißt es sachlich-hämisch. Mehrfach setzte sich beispielsweise das Bundesverkehrsministerium über die Empfehlungen der Rechnungsprüfer hinweg. Wieder zum Nachteil des Gemeinwohls.

Neue Autobahnabschnitte aber sind ganz im Sinne von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und den Kollegen bei Banken und Beratern. Letztes drastisches Beispiel über diese enge Verbindung ist der Ausbau der A7, der nun auf Anordnung des Bundes und entgegen der Empfehlung der Rechungsprüfer und der zustänigen Landesregierung in Niedersachsen durchgezogen wird.

Auch der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Werner Gatzer, stört sich nicht an den Rechnungsprüfern. Er promotet seit Jahren ÖPP an einer politischen Schlüsselstelle und ist auch bei diesem Bundeskongress wieder als Redner dabei. Bei den Kongressreden geht es für manche auch nicht primär um Inhalte. Auch die werden bei ÖPP ein Frage der Finanzierung: Für 9.800 Euro gibt es die „Rede im Hauptprogramm“. Die Damen und Herren Politiker werden gerne zuhören.

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