you can’t always get what you want:
Seite 8 ihrer aktuellen Ausgabe hat die Redaktion der Bild am Sonntag leer gelassen – abgesehen von einem kleinen Streifen am oberen Rand. Auf dieser Seite hätte ein Interview mit Annalena Baerbock erscheinen können, steht dort. Die Kanzlerkandidatin der Grünen habe die Anfrage der BamS aber abgelehnt, angeblich aus Termingründen.
Eine Sprecherin der Grünen bestätigte am Sonntag die Absage. Tatsächlich sei der Terminkalender der Parteichefin dicht. Das ist einerseits nicht gelogen, weil Spitzenkandidatinnen im Wahlkampf wirklich eine Menge zu tun haben. Gleichzeitig ist es aber nicht die ganze Wahrheit, weil sich jeder Terminkalender umbauen lässt, wenn man denn will. Baerbock wollte nicht.
Das ist interessant, weil die Grünen-Chefin bisher keinen Wert auf besonders großen Abstand zur Springer-Presse legte. Im Dezember 2020 erhob sie im BamS-Interview ihren Anspruch auf die Spitzenkandidatur, erst im Mai gab sie der Zeitung das letzte große Interview. Für miese Methoden und Kampagnen gegen die Grünen war die Bild schon damals bekannt. Grundsätzliche moralische Überlegungen können also kaum zur Absage geführt haben.
Steckt stattdessen ein Strategiewechsel dahinter? Nicht mehr um ganz breite Wählerschichten werben, sondern um Stimmen aus dem Mitte-links-Lager? Dort könnte die Message gut ankommen, dass sich Baerbock von der Bild nicht unter Druck setzen lässt, Springers Medienmacht also infrage stellt.
In der BamS-Redaktion ist man das freilich nicht gewohnt. Dass Medien über Interviewabsagen jammern, aus verletztem Stolz oder als Drohung fürs nächste Mal, kommt vor. Dafür eine ganze Seite freizuräumen – das ist an Weinerlichkeit nur noch schwer zu überbieten. (tsc)
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