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was bisher geschah

Gerhard Schürer, der Mächtige außerhalb des Machtzirkels

25 Jahre lang war Gerhard Schürer Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR. Sein Vorgänger hatte sich 1965 das Leben genommen, weil er sich mit seinen Vorstellungen von Wirtschaftspolitik nicht hatte duchsetzen können. Nach dem Tod von Walter Ulricht erhielt Schürer einen Sitz als Kandidat im Politbüro des SED-Zentralkomitees. Der gelernte Maschinenschlosser, der am Krieg bei der Luftwaffe teilgenommen hatte, war 1948 in die SED eingetreten. An Schürer führte kein Weg vorbei, weder beim Neubau eines Stahlwerkes noch bei der Versorgung mit Toilettenpapier. Dennoch gehörte er nie zum engeren Machtzirkel. Erst im November 1989 erhielt er den Status eines Vollmitglieds im Politbüro. Seinen Posten als Chef der Plankommission behielt er auch bei der nachfolgenden Regierungsbildung durch Hans Modrow. Vor der nun offener diskutierenden Volkskammer übernahm er die Mitschuld an der Überzentralisierung von Leitung und Planung. Dabei erklärte Schürer, er habe den SED-Generalsekretär Ericht Honecker erstmals 1972 und dann im Mai 1988 auf dringend notwendige Reformen in der DDR-Wirtschaft hingewiesen und um ein Gespräch gebeten. Doch Honecker habe ihn nie empfangen. Im Januar 1990 verlor Schürer sein Volkskammermandat und wurde aus der SED/PDS ausgeschlossen. Wegen des Verdachts auf „verbrecherischen Vertrauensmissbrauch“ kam er Ende Januar 1990 für drei Wochen in Untersuchungshaft. Zu einer Anklage kam es nicht. 1996 erschien seine Autobiografie „Gewagt und verloren“.

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