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Archiv-Artikel

wahnsinnsprojekt U 55 Das Begräbnis einer U-Bahn

Nach im Februar tat die BVG stolz wie Oskar kund, dass der neue Pracht-U-Bahnhof am Brandenburger Tor pünktlich zur WM so weit fertig ist, dass Züge der Kanzler-U-Bahn fahren können. Jetzt teilt die Verkehrsstaatssekretärin mit, dass die Station nach dem Finalspiel erstmal sechs Monate wieder still gelegt wird. Das klingt sinnfrei und etwas verrückt? Stimmt. Das ist sinnfrei und etwas verrückt – wie das ganze Projekt U 55.

Kommentar von ULRICH SCHULTE

Die Ankündigung macht einmal mehr deutlich, was die Kanzler-U-Bahn ist, was sie immer war: ein teures Renommierprojekt ohne Nutzen. Um zu beeindrucken (Die Welt zu Gast in Berlin!), wird jetzt ein teurer Frühstart hingelegt. Aber warum genau Fußballfans ausgerechnet unterirdisch zwischen Brandenburger Tor und Hauptbahnhof hin- und hergondeln sollen, wissen nur die BVG, die Verkehrsverwaltung und der Fußballgott. Schließlich fahren parallel die S-Bahn und die Buslinie 100, weshalb Verkehrsfachleute aller Couleur die U 55 für eine Kuriosität halten.

Zur Erinnerung: Der rot-grüne Übergangssenat hatte im Juni 2001 den Weiterbau der U 5 gestoppt. Ex-Verkehrssenator Strieder war damit glücklich, musste aber dann doch weiterbuddeln. Der Bund, der den Großteil des Projekts finanziert, drohte mit Rückforderungen.

Die Geschichte der Stummelbahn ist bisher also glücklos, und das wird so bleiben – auch wenn sie wie geplant 2020 fertig wird. Angesichts der Parallelstrecken ist mehr als fraglich, ob die U-Bahn je die Investitionen und die beträchtlichen Betriebskosten einfährt. 400 Millionen Euro soll die Fortführung bis zum Alex noch kosten. Zum Vergleich: Mit der Summe könnte Berlin seine Investitionen ins Radwegenetz 80 Jahre lang decken.

Die BVG erledigt das Begräbnis der Kanzler-U-Bahn selbst – mit jeder Baustelle. Die aber ist ein Zombie. Nicht totzukriegen.