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vorlaufBlütenregen

Kamikaze – Todesbefehl

für Japans Jugend

(21.45 Uhr, ARD)

„Wir konnten uns in unser Fantasie nicht ausmalen, was das wohl für eine Strategie sein sollte, wo man ganz bestimmt nicht lebend wieder zurückkehren konnte“, sagt der frühere japanische Kampfpilot Onuki. Als er und seine Kollegen erfuhren, dass sie sich mit einer Bombe auf gegnerische Schiffe stürzen sollten, waren sie wie gelähmt. Doch dann meldeten sie sich für ihren letzten Einsatz alle „freiwillig“. Alles andere wäre Befehlsverweigerung gewesen.

Japans Armeeführung suchte ab Herbst 1944 eine Waffe, um den sich abzeichnenden Sieg der Amerikaner im Pazifikkrieg noch abzuwenden – und glaubten sie mit den Kamikaze-Fliegern gefunden zu haben. Die Amerikaner hielten den ersten Sturzflug auf eines ihrer Schiffe zunächst für die Einzeltat eines Verrrückten.

Wer Kamikaze noch immer für die tapfersten Piloten der Geschichte hält, dem sei heute abend der Film von Klaus Scherer empfohlen. Er räumt gründlich mit dem Mythos auf, indem er die wenigen Überlebenden der rund 6.000 Kamikaze-Piloten selbst zu Wort kommen lässt. Die Todespiloten waren oft noch halbe Kinder, die sich in immer untauglicheren Gefährten auf Befehl vom Himmel stürzen mussten. Einer ihrer Ausbilder nannte das zynisch „wie Blütenregen vom Himmel fallen“. Mit Reiswein und Ritualen wurden die Piloten auf ihren letzten Einsatz vorbereitet, zum Abschied winkten Schulmädchen. Wer wider Erwarten überlebte, weil er vorher notwassern musste, der blieb offiziell tot und galt als Schande für seine Vorgesetzten. Er glaube, dass die Jugendlichen gern gestorben seien, sagt noch heute ein früherer Offizier.

In solchen zynischen Aussagen wird auch die geringe Aufarbeitung der eigenen Kriegsgeschichte in Japan deutlich. Darüber berichtet der Film des Japan-Korrespondenten der ARD leider zu wenig. Seine Stärken aber sind historische Aufnahmen aus japanischer und amerikanischer Perspektive und die beeindruckenden Aussagen der Zeitzeugen. SVEN HANSEN

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