unverbremt : Freundlichkeit als Verwirrtaktik
Seit geraumer Zeit heißt das Einwohnermeldeamt „BürgerServiceCenter“. Das klingt viel netter und nett ist, dass man für den fünfminütigen Akt des Ummeldens keine zwei Stunden mehr wartet, sondern einen Termin bekommt und sofort an der Reihe ist. Doch das war es dann mit Bürgerfreundlichkeit und Serviceorientierung. „Sie sind verpflichtet sich innerhalb von zwei Wochen umzumelden“, kläfft Frau M. jetzt schon zum zweiten Mal – und das, obwohl ich die 25 Euro Strafe bereits akzeptiert habe. Schamlose neun Monate hatte ich mir Zeit gelassen, dem Staat meine neue Adresse mitzuteilen. Dass ich auch noch um einen Auszug aus der Gebührenordnung bitte, versteht Frau M. offenbar genauso wenig wie mein fehlendes schlechtes Gewissen. Vielleicht nimmt sie mir übel, dass ich mir keine Mühe gebe sie anzulügen. Vielleicht hat sie einfach zu lange hinter den mobilen Trennwänden aus lazarettgrauem Zeltstoff Formulare ausgefüllt. Auf jeden Fall bestätigt sie das Vorurteil, dass ohne eine gesunde Portion obrigkeitsstaalichen Denkens der Job in einer Behörde nicht zu machen sei. Doch dann geschieht das Unerwartete. Weil Frau M. die Gebührensätze nicht schriftlich hat, rufe ich im Stadtamt in der Stresemannstraße an. Nein, schriftlich habe er es leider auch nicht, sagt der freundliche Mann am Telefon, erklärt, dass man sogar bis zu 500 Euro Verwarngeld nehmen dürfe, und dass das Ummelden wichtig sei, damit die GEZ, Wohngeld-, Gesundheits- und andere Ämter jederzeit wissen, wo sich jemand aufhält. „Ach so, vielen Dank für die Auskunft.“ Deshalb also Bürgerservice. Er verwirrt so sehr, dass man die Praktiken des Staates nicht mehr in Frage stellt. eib