piwik no script img

Archiv-Artikel

unterm strich

Nun hat einer der beiden Streithähne gesprochen: Der Autor des kurzfristig vom Rowohlt-Verlag gestoppten Romans „Endstufe“, Thor Kunkel, wirft seinem ehemaligen Verlag Bevormundung vor. Er habe „ab einem gewissen Punkt“ den Eindruck gehabt, sein Buch sei „unter ideologischen und nicht ästhetischen Gesichtspunkten“ lektoriert worden, sagte Kunkel gestern in einem Interview mit der Welt, „und das habe ich als Schriftsteller als Bevormundung empfunden“.

Das Buch, das Mitte März erscheinen sollte, schildert, wie Wissenschaftler des SS-Hygieneinstituts unbeeindruckt von Krieg und Holocaust Pornofilme drehen. Wegen Differenzen in „inhaltlichen und ästhetischen Fragen“ hatte Rowohlt das Buch überraschend zurückgezogen (siehe taz vom 3. 2.). Man hört und staunt, wenn Kunkel verlautbart, dass Verleger Alexander Fest „Endstufe“ gelobt habe: „Doch er meint, ich verträte einen Biologismus, der die Welt als Resultat von triebhaftem Protoplasma“ beschreibt.“ Kunkel glaubt, sich in seinem Buch in klaren Worten mit dem wissenschaftlichen Gedankengut von damals auseinander zu setzen: „Es ist kein historischer Roman, sondern man hat das Gefühl, das Dritte Reich ist quasi um die Ecke.“ Deutschland sei jedoch „ein ganz normales europäisches Land. Ich finde nicht, das wir zu verschämten geistigen Gartenzwergen erzogen werden müssen.“

So weit Kunkel selbst. In Verlagskreisen kursieren derweil Gerüchte. Danach soll Kunkel hinter dem Rücken von Rowohlt das Buch anderen Verlagen angeboten haben, worauf Rowohlt das Buch zurückzog. Aber, wie gesagt: nur Gerüchte.

Außerdem ist noch zu vermelden, dass die ostdeutsche Schriftstellerin Daniela Dahn den diesjährigen Börne-Preis erhält. Herzlichen Glückwunsch.