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Archiv-Artikel

unterm strich

NS & Kunst – Klage gegen Deutsches Historisches Museum: Peter Sachs war 1938 erst ein Jahr alt, als die Nationalsozialisten die Plakatsammlung seines Vaters beschlagnahmten. Im Auftrag von Propagandaminister Joseph Goebbels konfiszierten sie 12.500 Filmplakate, Ausstellungsankündigungen und Reklameblätter. Hans Sachs, ein jüdischer Zahnarzt, wurde am Tag der antisemitischen Pogrome am 9. November 1938 festgenommen und ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Als er gut zwei Wochen später freigelassen wurde, emigrierte die Familie in die USA – ohne die Sammlung. Heute befinden sich rund 4.000 der Plakate mit einem Schätzwert von mindestens 4,5 Millionen Euro im Besitz des Deutschen Historischen Museums, die meisten im Lager. Am Dienstag zieht Peter Sachs vor das Landgericht Berlin und will diesen Teil der Sammlung seines Vaters zurück.

„Jede Ausstellung der Plakate wäre besser, als sie seit 70 Jahren in einem Museum fern des Tageslichts schmachten zu lassen“, sagte Sachs jetzt in einem Telefon-Interview. Der inzwischen 71-Jährige lebt in Sarasota im US-Bundesstaat Florida. „Ob ich gewinne oder verliere – ich schulde es meinem Vater, sein Lebenswerk und lebenslange Leidenschaft zurückzuholen“, erklärte Sachs.

Als Krönung der Sammlung gilt das Poster aus dem Jahr 1932 für den Film „Die blonde Venus“ mit Marlene Dietrich. Anhand des auf 13.500 Euro geschätzten Plakats wollte Sachs zunächst einen Musterprozess aufrollen. Doch das Deutsche Historische Museum sieht das Poster nicht als Teil der Kollektion von Weltrang, die Sachs von 1896 bis 1938 aufgebaut hatte. Sein Sohn klagte daraufhin auf Herausgabe eines „Simplicissimus“-Plakats.

Das Museum räumte seiner Klage wenig Chancen ein. Denn sein 1974 gestorbener Vater hatte 1961 von der Bundesregierung 225.000 Mark als Entschädigung angenommen – allerdings in dem Glauben, seine Sammlung sei für immer verloren. Wenige Jahre später erfuhr Hans Sachs, dass große Teile in einem DDR-Museum in Ost-Berlin lagerten. Trotzdem schrieb er anschließend in einem Brief, dass er seine materiellen Ansprüche als ausgeglichen betrachte.