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Archiv-Artikel

unterm strich

Es stand zu erwarten, dass der Nobelpreis für Elfriede Jelinek einiges an übler Nachrede mit sich brächte. Und doch ist es mehr als hässlich zu beobachten, wie seit dem letzten Donnerstag Südtiroler, Kärntner und Heilbronner Provinzblätter genauso gegen die Autorin hetzen wie der Spiegel, der den für reflexhaften Antifeminismus bekannten Matthias Matussek ins Rennen schickte, um auf Jelinek einzudreschen. Und weil das nicht zu reichen schien, musste Marcel Reich-Ranicki sekundieren. Doch Jelineks Texte sind eben keine Telefonbücher, sondern Literatur, und das überfordert den alten Mann. Nun haben sich noch mehr alte Männer zu Wort gemeldet: In der Vatikan-Zeitung L'Osservatore Romano wurde das literarische Werk Jelineks angegriffen, weil es eine einseitig negative Sicht menschlicher Sexualität vermittele. Bleibt die Frage, welche Sicht auf Sexualität der Vatikan vermittelt. Etwa eine positive, vielschichtige?

In die Auseinandersetzung um die Bundeskulturstiftung hat sich der Deutsche Kulturrat eingeschaltet: Er lehnt eine Fusion der Kulturstiftungen des Bundes und der Länder unter den jetzt genannten Bedingungen der Länder ab. Kulturprojekte könnten in dieser neuen Deutschen Kulturstiftung nur noch mit der Zustimmung von mindestens 13 der 16 Bundesländer vom Bund gefördert werden, kritisierte der Spitzenverband der Bundeskulturverbände am Mittwoch. Damit würde die Stiftung „als eine Art Zensor zwischen Bund und Ländern wirken“. Außerdem werde alles andere als eine staatsferne Stiftung angestrebt, wenn die Deutsche Kulturstiftung wie von den Ländern vorgeschlagen in einem neuen Artikel 90 a im Grundgesetz verankert werden und damit Verfassungsrang erhalten sollte.

„Offensichtlich haben die Länder aus dem Desaster um die Kultusministerkonferenz nichts gelernt“, kritisierte der Geschäftsführer des Kulturrates, Olaf Zimmermann. „Statt staatsferne und unbürokratische Kulturförderungs-Strukturen zu schaffen, wollen sie ein neues bürokratisches Verfassungsorgan ins Leben rufen, dessen Hauptaufgabe zu sein scheint, den Bund an der Kulturförderung in Deutschland zu hindern.“

Die türkische Schriftstellerin Dilek Zaptcioglu hat sich gegen eine Unterschriftenaktion zum EU-Beitritt der Türkei ausgesprochen. Ein außenpolitisches Thema gehöre nicht auf die Straße, sagte sie am Mittwoch im Deutschlandradio. Die von der CDU und CSU geplante Kampagne behindere die Diskussion: „Jetzt muss man die Unterschriftenaktion kritisieren und kann gar nicht mehr richtig sachlich und objektiv über den türkischen EU-Beitritt diskutieren.“