unterm strich :
Walter Jens wehrt sich. Im Gespräch mit Focus wirf er dem Herausgeber des „Internationalen Germanistenlexikons 1800 bis 1950“, Christoph König, mangelnde Sorgfalt vor: „Ich bin erstaunt darüber, dass der Herausgeber des Lexikons sich in dieser Frage auf ein einziges Gutachten stützt – das ist wirklich fahrlässig.“ Wissenschaftler müssten mindestens drei verlässliche Quellen haben, ehe sie in einer so gravierenden Frage zu einer dezidierten Stellungnahme kämen, sagte Jens, der zusammen mit Peter Wapnewski und dem inzwischen verstorbenen Walter Höllerer in dem Lexikon als ehemaliges NSDAP-Mitglied aufgeführt wird. Er sei zwar in der Hitlerjugend und sicher kein Widerstandskämpfer gewesen, räumte Jens ein. „Aber ich habe bisher nicht gewusst, dass ich Parteigenosse war. Ich habe nie einen Mitgliedsantrag gestellt, nie einen Mitgliedsausweis erhalten, nie Beiträge gezahlt.“ Der 80-jährige Publizist sagte, es sei höchstens vorstellbar, dass er im Rahmen einer Großaktion zusammen mit anderen Hitlerjungen automatisch in die Partei aufgenommen worden sei. Jens kündigte an, gegen das Gutachten des Historikers Michael Buddrus vom Münchner Institut für Zeitgeschichte vorgehen zu wollen, in dem die Existenz derartiger Kollektivaufnahmen ausgeschlossen wird.
Der Berliner Akademiepräsident Adolf Muschg sprang Jens dagegen mit einer Presseerklärung zur Seite. Was notwendige Arbeit an der nationalsozialistischen Vergangenheit bedeute, habe Jens exemplarisch vorgeführt. „Was Schäbigkeit bedeutet, führen im Jahre 2003 Leute vor, die einem Walter Jens aus dieser Verstrickung 60 Jahre später einen Strick drehen wollen“, schrieb Muschg weiter. Er halte es aber für notwendig, „sich gegen Exzesse der Korrektheit zu verwahren“, betonte Muschg.