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Archiv-Artikel

unterm strich

Aufgalopp zum Weltjugendtag 2005: Die schlimmsten Spaßgesellschafts-Befürchtungen scheinen sich zu bestätigen: Nippes-Terror rund um den Dom, der Köln-Shop am neu gestalteten Bahnhofsvorplatz verkauft raviges „Jesus Loves You“-Merchandising, und grinsegesichtige Jungpilger mit slowenischen Fahnen stürmen die Freitreppe am Dom. „Volunteers“ in VFB-Stuttgart-artigen Shirts tragen pflichtbewusst die „Wir sind Papst“-Badges des offiziellen Medienpartners Bild. Irgendwie wünscht man sich den guten Herrn Jesus herbei, als er Hooligan-mäßig die Geldtäuscher und Firlefanz-Händler aus dem Tempel zu Jerusalem gedroschen hat.

Einen seltenen Moment der Würde kann man anlässlich des WJT dagegen beim „1st View“ des Neubaus des Kunstmuseums der Erzdiözese Köln erleben. Über dem mittelalterlichen Gräberfeld der Kirche St. Kolumba hat der Schweizer Architekt Peter Zumthor eine zwölf Meter hohe Säulenhalle errichtet, die eingefasst ist mit transparenten Ziegeln und bespielt wird von einer Klanginstallation des amerikanischen Künstlers Bill Fontana. Ein Geschichtsort, der schon jetzt zu den Gewinnern des Christenspektakels zählt.

In Köln wartet man noch auf den Papst, in Erfurt ist Jesus schon angekommen. Dort spielt man jetzt auf den Stufen des Doms „Jesus Christ Superstar“. Die aufmüpfige Flower-Power kam gut an bei den 1.500 Premierengästen und ist 13-mal ausverkauft.

Der mit Glenn Close und Sissy Spacek besetze Episodenfilm „Nine Lives“ (Neun Leben) von Rodrigo García hat den Goldenen Leoparden beim Filmfestival von Locarno gewonnen (Bericht folgt). Rodrigo García ist ein Sohn des Schriftstellers Gabriel García Márquez und bisher erst für TV-Serien wie „The Sopranos“ oder „Six Feet Under“ bekannt. Im prestigeträchtigen Wettbewerb holten zwei deutsche Beiträge je einen Silbernen Leoparden: „Fratricide“ (Brudermord), ein Asylbewerber-Drama des Regisseurs Yilmaz Arslan, wurde als zweitbester Film in Locarno geehrt. Die Beziehungsstudie „Drei Grad kälter“ von Florian Hoffmeister bekam die silberne Trophäe für den besten Erst- oder Zweitfilm.