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Archiv-Artikel

unterm strich

Spät, aber gerade noch im rechten Augenblick erreichen uns folgende Zeilen von Ralf Niemczyk, unserem Korrespondenten beim Kölner Weltjugendtag: „Tja, so sind sie, die Pilger: heiter, gelassen und erschreckend larifari. Das Verkehrs-Chaos bei den Kölner Verkehrs Betrieben (KVB) ließ sie Psalmen und Hosianna singen. Auch keine bösen Worte gegen den Betonkopf-Ordnungsdienst, der das RheinEnergie Stadion für voll besetzt erklärte, obwohl bei der Eröffnungsfeier unter Ägide von Kardinal Joachim ‚Robo-Bischof‘ Meisner ganze Reihen unbesetzt waren. Abgrundtief erschreckend aber waren die freundlichen, ja sogar begeisterten Reaktionen auf den Trompete spielenden Clown Bruce Kapusta im musikalischen Block vor dem Open-Air-Gottesdienst. Sodom und Gomorrha dürften dagegen ein Witz gewesen sein. Kapustas beswingtes 12-Minuten-Medley bestand aus einem Herb-Alpert-Rentnerradio-Welthit, einer C-Kategorie-Karnevalsnummer und – Schockschwerenot! – ‚Angels‘ von Robbie Williams. Allgemeines Priester-Schunkeln zu den Sounds eines depressiven Drogen- und Sex-Monsters! Wenn Kardinal Meisner das jemals erfahren sollte, dürfte der Entertainment-Booker des Kölner Erzbistums gefeuert sein. Fristlos!“

Aber vielleicht vergisst er es auch einfach, sobald er es erfährt. Das könnte zumindest Philip Roth einwenden. Der findet nämlich, dass die Karriere eines Schriftstellers nicht dadurch beendet werde, dass ihm der Stoff ausgehe, sondern dadurch, dass mit dem Alter sein Gedächtnis zu schwach werde. „Man verliert sich gewissermaßen in Augenblicken. Der altersbedingte Verlust der Fähigkeit, sich an die letzte Seite zu erinnern – dadurch werden Schriftstellerkarrieren beendet“, sagte Roth der Zeit.