unterm strich :
Im Strafverfahren gegen den türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk hat jetzt das Justizministerium in Ankara das Wort. Wie türkische Zeitungen drei Tage vor Beginn des Prozesses am Dienstag berichteten, ist das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass das alte, möglicherweise für den Angeklagten günstigere Strafgesetz zur Anwendung kommen müsse. Die Strafkammer in Istanbul habe deshalb entschieden, die dafür erforderliche Genehmigung des Ministeriums einzuholen. Das Interview, das dem Schriftsteller eine Anklage wegen „öffentlicher Herabwürdigung des Türkentums“ eingebracht hatte, war vier Monate vor Inkrafttreten des neuen Strafgesetzes veröffentlicht worden. Darin hatte Pamuk davon gesprochen, dass im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkrieges „eine Million Armenier ermordet“ worden seien. Für diese Äußerung droht ihm jetzt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis drei Jahren. Pamuks Anwalt Haluk Inanci bekräftigte, dass sein Mandant zum Gerichtstermin am Freitag erscheinen werde. Es sei jedoch fraglich, ob Pamuk vernommen werden könne, wenn keine Genehmigung aus Ankara vorliege. Justizminister Cemil Cicek vertrete dagegen die Ansicht, dass er seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes keine solche Entscheidungsbefugnis mehr habe, hieß es in den türkischen Zeitungen.