unterm strich

Ob das auch mit der so viel beschworenen Rückkehr der Religionen zu tun hat? Oder mit dem Dialogismus der deutschen Gesellschaft, die der große Ulf Poschardt neulich in der Welt beklagte, der Umstand, dass hierzulande sich niemand traue, der Realität wirklich ins Auge zu blicken? Zwei Wochen nach ihrem Erscheinen ist auf jeden Fall die „Bibel in gerechter Sprache“ vergriffen. Ein Versuch, die fundamentale Übelkeit der christlichen Religion dadurch zu übertünchen, dass jedem „Apostel“ eine „Apostelin“ beigeordnet wird und Jesus „Jüngerinnen“ bekommt. Den „Geist Gottes“ gibt es auch nicht, weil das so autoritär rüberkommt, stattdessen heißt es „Geisteskraft“. Der ganz normale Wahnsinn. Und jetzt ist er schon ausverkauft.

Auch neu und, wenn man so will, der heutige Update des großen Komplexes „Kunstfreiheit versus das Gefühl, rassistisch beleidigt worden zu sein“: Das europäische Zentrum für Antiziganismusforschung hat gegen Sacha Baron Cohen alias „Borat“ oder „Ali G.“ Anzeige erstattet (und gegen die 20th Century Fox Germany und Internetprovider Schuld + Partner). Sie werfen ihm volksverhetzende Aussagen, Aufruf zur Gewalt gegen Roma und Sinti und Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz vor. In dem Film „Borat“, der am 2. November anläuft, würden Sinti und Roma diffamiert. Gewalt und Diskriminierung von Roma und Sinti (die im Film durchgehend „Zigeuner“ genannt werden sollen) würden in dem Film und auf der dazugehörigen Homepage als normal und nicht schlimm dargestellt und humoristisch verharmlost, heißt es in einer Presseerklärung des Zentrums.

Und nach alldem noch eine schöne Geste: Rund 120 namhafte deutsche Künstler haben Werke gespendet, um dem schwer verletzten Bildhauer Sandro Antal (63) zu helfen. Die Arbeiten werden am Sonntag im Düsseldorfer Künstlerverein Malkasten versteigert, der Erlös kommt dem gebürtigen Budapester zugute. Antal, ehemaliger Dozent an der Düsseldorfer Kunstakademie, war Ende August bei einer Explosion in seinem Atelier lebensgefährlich verletzt worden. Wegen schwerster Verbrennungen wird er in absehbarer Zeit nicht mehr arbeitsfähig sein. Die Liste der Künstler reicht von Felix Droese und Katharina Fritsch über Konrad Klapheck, Imi Knoebel und Reinhard Mucha bis zu Reiner Ruthenbeck und Daniel Spoerri.