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Archiv-Artikel

unterm strich

Um es mit „Asterix“ zu sagen: Da sträuben sich einem die Augenbrauen. Martin Walser hat fast neun Jahre nach seiner umstrittenen Auschwitz-Rede in der Frankfurter Paulskirche persönliches „Versagen“ im darauffolgenden Streit eingeräumt. Er habe „völlig borniert reagiert“, als der damalige Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, ein Angebot zur Rücknahme von Vorwürfen gemacht habe. „Ich hätte die Hände ausstrecken und danken sollen für dieses Frieden stiftende Angebot“, wurde Walser gestern im Hamburger Abendblatt zitiert. Zur Rede selbst stehe er nach wie vor.

Man wird sich erinnern: Der damalige Präsident des Zentralrats der Juden starb 1999. Knapp ein Jahr zuvor hatte Walser 1998 in der Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels eine Instrumentalisierung des Holocaust beklagt. „Auschwitz eignet sich nicht dafür, Drohroutine zu werden, jederzeit einsetzbares Einschüchterungsmittel oder Moralkeule oder auch nur Pflichtübung.“ Daraufhin warf ihm der Zentralrat der Juden „geistige Brandstiftung“ vor. Bubis nahm den Vorwurf später zurück. Walser war von den Antisemitismus-Vorwürfen schwer getroffen. Im Hamburger Abendblatt sagt Walser, der am kommenden Samstag 80 Jahre alt wird, sein „größtes Versagen“ habe stattgefunden „im Gespräch mit Ignatz Bubis, Salomon Korn und Frank Schirrmacher im Haus der FAZ“. Er sei durch den öffentlichen Streit „so verkrampft, so erbittert, so verbohrt“ gewesen. Walser fügte hinzu, das Schlimmste sei gewesen, dass er „auch noch angeben und sich brüsten“ wollte, dass er sich schon länger als Bubis mit dem deutsch-jüdischen Problem beschäftige. „Von heute aus gesehen tut mir das leid. Tut mir sogar weh“, sagte der Schriftsteller.