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Archiv-Artikel

unterm strich

Mit der deskriptiven fotografischen Erfassung solch wunderlicher Funktionsbauten wie Winderhitzer, Hoch- und Kalköfen, Förder-, Kühl- und Wassertürme, Gasbehälter oder Kohlebunker ist er berühmt geworden: Bernd Becher, der wie die FAS gestern so schön schrieb, vollständig eigentlich Bernd und Hilla Becher heißt. Unter diesem Namen jedenfalls hat er Kunstgeschichte geschrieben.

Zusammen mit seiner Frau entdeckte er Ende der 50er-Jahre die mächtige, landschaftsprägende, gleichwohl anonyme Architektur der technischen Aggregate des Industriezeitalters als Wahrnehmungsereignis ersten Ranges. Dazu rehabilitierten der 1931 in Siegen geborene Grafiker und seine drei Jahre jüngere Frau, eine ausgebildete Fotografin, die dokumentarische Fotografie, wie sie sich vor dem Krieg in der Neuen Sachlichkeit herausgebildet hatte. Eine große, grau in grau nuancierte Nüchternheit charakterisiert ihre Aufnahmen. Ihr Verfahren, stets mit der 13-x-18-cm-Großbildkamera, immer Schwarzweiß, bei bedecktem Himmel und in Serie zu fotografieren, versetzte den Bildgegenstand in die Zeitlosigkeit des Naturgegenstands. Das hat viel zum ikonischen Status beigetragen, den ihre Fotografien rasch errangen. Jederzeit ist ein Foto von Bernd und Hilla Becher als ein Becherfoto zu erkennen. Und umgekehrt können wir die Schwerindustrie kaum noch anders sehen, als es uns die Bechers gelehrt haben. 1990, auf der 44. Biennale von Venedig, erhielten die Bechers denn auch den Goldenen Löwen für Skulptur.Tatsächlich wurden die Bechers zunächst nicht als Fotografen, sondern als Konzeptkünstler begriffen und berühmt. Unter diesem Label gelang es ihnen, die fotografische Dokumentation in den Rang der Kunst zu erheben. Maßgeblich waren sie es, die der Fotografie ganz allgemein den Weg ins Museum ebneten. Auch der Lehrer Bernd Becher wurde in einem Denkmal sichtbar: Die sogenannte Becherschule mit Stars wie Thomas Ruff, Andreas Gursky, Candida Höfer ist ein stehender Begriff der Gegenwartskunst. Am Wochenende starb Bernd Becher im Alter von 75 Jahren.