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Und sie versuchen es doch immer wieder! In Frankreich wurde der pornografische Film „Baise-moi“ („Fick mich“) vom Staatsrat verboten, nachdem er bereits in 6 Kinos lief. Die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Virginie Despentes (die auch Regie führte) hatte bereits in Cannes für einen Pseudo-Skandal gesorgt, als die Produktion zur Marktvorführung keine Presse zulassen wollte und daraufhin unter den Wartenden eine Prügelei ausbrach. Durch das Verdikt des Staatsrats wird der Film als Pornografie abgestempelt und ist damit für „normale“ Kinos verboten. Marin Karmitz, einer der wichtigsten französischen Produzenten und Besitzer der Kinokette MK 2, lässt den Film allerdings weiter laufen: „Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass klar definiert wird, was heute noch Pornografie ist“, so Karmitz. „Baise-moi“-Produzent Philippe Godeau vermutet hinter dem Verbot eine Intrige von ultrarechts: Die sich als kultureller Sittenwächter aufspielende rechtsextreme Organisation „Promouvoir“ unter Vorsitz von Bruno Mégret hatte eine Woche vor Kinostart einen Verbotsantrag gestellt. Der Verband sitzt im südfranzösischen Carpetras und hat ca. 200 Mitglieder aus dem Umfeld der Front National. Durch die von den Medien zur Affäre aufgebauschte Angelegenheit wird sowohl die staatliche Zensurkomission als auch Kulturministerin Catherine Tasca gedemütigt. Beide hatten den Film für Jugendliche unter 16 Jahren freigegeben. Produzent Godeau, der bisher eher für ambitioniertes Autorenkino stand, betont: „Wir sind keine Pornoproduzenten, auch wenn einige Darsteller bekannte Pornostars sind.“ Außerdem hätten den Film bereits Hunderte von Journalisten gesehen: „Nur wenige haben sich schockiert gezeigt.“ Da auch im französischen Fernsehen Pornos nicht mehr nur zur nachtschlafenden Zeit laufen, der französische Videomarkt für Pornos boomt und Sex im Internet auch bei den Franzosen mords in Mode ist, hat das Verbot lächerliche Züge. Zumal Libération beim Versuch, den Film seriös zu rezensieren, bereits müde feststellte: „Jede Menge abtörnende Schwänze und digitale Bilder von abstoßender Hässlichkeit.“ War wohl mal wieder Zeit für eine kleine Pornodebatte.

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