unterm strich:
Das Mülheimer Theater an der Ruhr will trotz der hohen Freiheitsstrafen gegen Intellektuelle im Iran nächste Woche zu einem internationalen Bühnenfestival nach Teheran reisen. „Wenn wir jetzt nicht fahren, ist es genau das, was die Konservativen dort wollen, nämlich eine Mauer um das Land errichten“, sagte der Mülheimer Theaterchef Roberto Ciulli am Montag als Begründung der dpa. Künstler seien nicht in der Situation von Politikern, erklärte der Bühnenleiter zur Absage einer geplanten Iran-Reise von Gerhard Schröder.
„Wir spielen nicht für Konservative, unser Publikum sind genau diejenigen, die die Reformen wollen“, meinte Ciulli. Selbstverständlich seien die bis zu möglicherweise zehnjährigen Gefängnisstrafen gegen iranische Teilnehmer einer Konferenz der Böll-Stiftung in Berlin „skandalös“ (s. taz, 15. 1.). Am Fadjr-Festival in Teheran nehmen Bühnen aus elf Ländern vom 22. bis zum 27. 1. teil. Das Theater an der Ruhr zeigt dort die „Antigone“ des Sophokles und eine Bühnenversion zu Antoine de Saint-Exupérys „Der Kleine Prinz“. Die Mülheimer Bühne hatte 1999 als erstes westliches Ensemble nach der islamischen Revolution im Iran gastiert.
Die verschobene Willi-Sitte-Werkschau im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (GNM) ist geplatzt. Der Künstler selbst habe die Ausstellung über seinen Anwalt endgültig absagen lassen, berichteten gestern die Nürnberger Nachrichten. Grund für den Rückzieher sei die Verschiebung der eigentlich für das Jahr 2001 geplanten Schau durch den GNM-Verwaltungsrat. Als Ersatz wollte das Gremium unter Vorsitz des bayerischen Kunstministers Hans Zehetmair (CSU) ein wissenschaftliches Symposium durchführen, das die „Künstlerpersönlichkeit Sittes sowohl hinsichtlich seines künstlerischen Wirkens als auch hinsichtlich seiner Rolle als Funktionär der DDR“ aufarbeiten sollte. Sitte lehnte es im Gespräch mit der Zeitung jedoch als „Witz“ ab, erst ein solches Symposium zu organisieren und dann die dazugehörige Ausstellung später nachzureichen.
Naumburg will ein Dokumentationszentrum zum Werk Friedrich Nietzsches einrichten. Die Grundlage dafür bildet die private Sammlung des amerikanischen Nietzsche-Forschers Richard F. Krummel, die er der Stadt zum Kauf angeboten hat. Der 80-jährige Wissenschaftler aus Bemidij im US-Bundesstaat Minnesota sammelt bereits seit mehr als 40 Jahren alle Veröffentlichungen zur Arbeit des Philosophen und schrieb selbst drei Bücher über ihn. Der Kaufpreis beträgt 350.000 Mark, zu denen die Lotto-Toto-Gesellschaft Sachsen-Anhalts 250.000 Mark beisteuern will.
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