unterm strich:
Der iranische Filmemacher Jafar Panahi hat einen offenen Brief an die amerikanische Filmkritik geschrieben, in dem er seine unwürdige Behandlung während eines Transit-Aufenthalts auf dem New Yorker John F. Kennedy Airport anprangert. Panahis Film „Der Kreis“, in dem er überraschend offen die Unterdrückung der Frau in der iranischen Gesellschaft schildert, hatte im vergangenen Jahr beim Filmfestival von Venedig den Goldenen Löwen gewonnen. Er erzählt von einer Handvoll Frauen, die alle am gleichen Tag aus einem Teheraner Gefängnis entlassen werden. Außerdem werden Themen wie Prostitution und Abtreibung angesprochen, die im iranischen Kino seit Jahrzehnten tabu sind. In seinem Brief beschreibt der Filmemacher, wie er in New York von der Flughafenpolizei festgenommen wurde, ohne ersichtlichen Grund und obwohl seine Papiere in Ordnung waren. Als er sich weigerte, sich fotografieren und seine Fingerabdrücke nehmen zu lassen, habe man gedroht, ihn ins Gefängnis zu bringen, so Panahi. Danach sei er in Handschellen in einen anderen Bereich des Flughafens gebracht und dort zusammen mit anderen Festgenommenen an eine Bank gekettet worden. Dort habe er zehn Stunden festgesessen, auch das Telefonieren sei ihm verwehrt worden. Als sich Panahi am nächsten Morgen immer noch weigerte, sich fotografieren zu lassen, bestanden die Polizisten weiterhin auf seiner erkennungsdienstlichen Behandlung, immer noch, ohne den Grund zu nennen. Später habe man ihm gestattet, seinen Freund Jamsheed Akrami, der als Professor für iranisches Kino an der Columbia-Universität tätig ist, anzurufen – doch auch dessen Interventionen blieben ohne Resultat. Weitere zwei Stunden später wurde Panahi in Handschellen zu einem Flugzeug gebracht, das jedoch nicht zu seinem Zielort Montevideo, sondern zurück nach Hongkong flog. Nach 16 Stunden in Polizeigewahrsam wurde er somit gezwungen, weitere 16 Stunden wie ein Schwerverbrecher zu reisen. Eigentlich hatte Panahi in New York nur auf dem Weg zum Filmfestival von Montevideo zwischenlanden wollen. In seinem Brief fordert er von der amerikanischen Kritik, die seinen Film mit dem Freedom of Expression Award ausgezeichnet hatte, eine Reaktion auf seine Behandlung: „Sie haben meinen Film als ‚wundervoll und gewagt‘ bezeichnet, und ich hoffe, dass Ihr Verband und die amerikanischen Medien das barbarische Verhalten der amerikanischen Polizei bzw. Einwanderungsbehörde verurteilen. (...) Andernfalls werde ich den ‚Freedom of Expression‘-Preis wahrscheinlich zurückgeben.“
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