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unterm strich

Mein Gott, wer doch inzwischen so alles als Schläfer in Frage kommt! Der französische Dirigent Pierre Boulez jedenfalls ist in einem Baseler Fünf-Sterne-Hotel aus dem Bett geholt und kurzzeitig festgenommen worden. Die emsigen Schweizer Sicherheitskräfte entzogen dem Musiker für drei Stunden seinen Pass, bevor sie ihn wieder laufen ließen. Dabei handelte es sich aber keineswegs um einen Irrtum. Die Polizisten erläuterten dem Fünfundsiebzigjährigen, dass er durchaus auf einer Schweizer Liste mit Terrorverdächtigen stehe. Vermutlich sind es Äußerungen aus den 60er-Jahren, die Boulez auf die Liste der mutmaßlichen Terrorsympathisanten brachte. Damals hatte er einmal dazu aufgerufen, Opernhäuser in die Luft zu jagen. Boulez war bei einem Musikfestival in Basel aufgetreten, dessen Organisatoren nun eine öffentliche Entschuldigung der Polizei forderten.

Und da wir schon bei delinquenten Künstlern sind: Unter dem Titel „Malerei als Verbrechen“ stellt der Louvre 380 Werke von Malern wie Goya, René Magritte und Otto Mühl aus, die „nicht in den offiziellen Katechismus der Kunstgeschichte“ passen. Die Ausstellung fängt mit William Blakes Mördern und Henkern an. Der späte Goya gehört ebenfalls zur Dissidentengalerie. Zu den Verstoßenen des 19. Jahrhunderts zählt unter anderem Odilon Redon. Der französische Maler und Grafiker war vom menschlichen Auge verfolgt – Glotzaugen, Augen im Zustand der Schwerelosigkeit. Seine Darstellung des Sinnesorgans stieß damals auf heftige Kritik. Der letzte Teil der Ausstellung widmet sich der zeitgenössischen Kunst und legt den Schwerpunkt auf die Wiener Aktionisten Otto Mühl, Günter Brus und Rudolf Schwarzkogler.

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