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Dafür, dass das Ruhrgebiet nicht als Hochburg des Karnevals bekannt ist, sind für Montag und Dienstag zu viele Verkleidungsparties angesagt. Karnevalshasser haben da nicht viel Auswahl: Sie könnten sich aber am Dienstag wenigstens zum Vinyl-Mitbring-Abend ins Dortmunder Sissikingkong flüchten. Die Lieblingsplatte wird aber nur gespielt, wenn der Besitzer seine persönliche Erinnerungsgeschichte zu einem Lied daraus erzählt.
In Castrop-Rauxel ist das Theater Mülheim an der Ruhr zu Gast: Roberto Ciulli und Maria Neumann spielen Samstag im Europahaus ihre Version von Antoine de Saint Exuperys „Le petit Prince“. Dafür wird in Ciullis Theater (La Luna) die Krimi-Leseperformance-Serie weitergeführt. Jörg Juretzka liest eine spezielle Serienfassung aus seinem Erfolgskrimi „Der Willy ist weg“, dessen Hauptspielort Mülheim ist. Zweimal erhielt Autor Juretzka bereits den Deutschen Krimi-Preis.
Lustiger als Karneval wird auf jeden Fall der Auftritt von Charlotte Roche und Christoph Maria Herbst am Dienstag im Wuppertaler Rex-Theater, der wegen einer Stimmbandverletzung von Charlotte erst diese Woche stattfinden kann. Die beiden lesen aus einer Original-Doktorarbeit von 1978 mit Gebrauchswert: Penisverletzungen durch Masturbation mit Staubsaugern. Der Verfasser, ein noch in Süddeutschland praktizierender Urologe, fand eine Lesung seiner Dissertation anfänglich noch sehr ungewöhnlich, willigte aber unter der Prämisse in dieses Vorhaben ein, dass sein Name – vor allem aus Rücksicht auf seine Patienten – unerwähnt bleibt.
Für Leute, die Karneval völlig kalt lässt, gibt es „im Niemandsland zwischen Karnevalismus und Antikarnevalismus einen Ort des unschuldigen Lachens“. So macht Regisseur Günter Rückert Werbung für den Geierabend. Von der erfolgreichen Kölner Stunksitzung, dem Urgestein des alternativen Sitzungskarnevals, will sich Rückert aber deutlich abheben: „Keines der Gründungsmitglieder hatte die Kölner Stunksitzung live gesehen, aber man hatte davon gehört und wollte so etwas in der Art auch in Dortmund auf die Beine stellen.“ Eine alternative Karnevalssitzung von Leuten für Leute, die alle nichts mit Karneval zu tun haben, aber trotzdem lachen wollen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.“ Bei der letzten Sitzung des Geierabends, am Karnevalsdienstag, wird der „Pannekopp des Jahres“ an eine Institution verliehen, die sich „besonders“ um das Ruhrgebiet verdient gemacht hat. Nominiert sind hierfür dieses Mal die Industriegewerkschaft Bergbau Chemie, Energie (IGBCE) und die Adam Opel AG.
Nach Karneval denkt auch die Kulturszene im Revier wieder an die unangenehmen Seiten des Lebens, mehrere Benefizveranstaltungen für die Flutopfer in Südostasien sind geplant. Der Dortmunder Jazz-Keller „Domicil“ hat aus aktuellem Anlass am kommenden Freitag ein Benefizkonzert ins Programm genommen: Mit dabei ist das türkische Saxophonisten-Trio um Ertugrul Coruk und das Transorient Orchestra. Fans der Jazz- und Weltmusik können sich freuen: Mit der Konzert-Reihe „Moving Cultures“ unternimmt das domicil noch den ganzen Frühling jazzige Streifzüge durch die Musikkulturen der Welt. Eine Benefiz-Kriminacht veranstaltet das zakk in Düsseldorf. Am Sonntag lesen die Krimi-Autoren Horst Eckert, Sabine Deitmer und Michael Molsner.