: theater-stolpersteine
■ alle festival-spielstätten freuen sich, nur eine nicht: das alternative „lagerhaus schildstraße“ fiel fast durchs sieb, kämpfte sich durch und wird kaum vorverkauft
Da festivalt gerade die „politik im freien theater“ über bremens bühnen, und herbert wulfekuhl, leiter der bremer landeszentrale für politische bildung, spricht bewegt von „weltoffenheit und experimentierfreudigkeit“ unserer hansestadt. zum großen fest schwingt man gern mal eine rede, im kleinen festival-alltag schaut dann alles ganz anders aus.
während die sechs offiziellen spielstätten des polit-fests (leibnizplatz, modernes, ernst-waldau-theater, freiraum theater, theater im packhaus und am goetheplatz) fein ausverkauft sind, dümpelt das lagerhaus leicht verärgert hintendrein im großen theaterrennen. es ist nämlich etwas ungeschickt zwischen zwei fronten geraten und verbringt darum den theaterabend mit 12 bis 35 zuschauerInnen, weil so günther breden vom lagerhaus gegenüber der taz - die organisatoren der landeszentrale der nachträglich nominierten spielstätte ordentlich stolpersteine zwischen die thea
terbeine werfen.
das lagerhaus hatte sich als spielstätte des polit -festivals beworben und war im august abgelehnt worden: es habe keine geeigneten räumlichkeiten. günther breden: „wulfekuhls privatansicht. schauspieler und zuschauer haben die räume hier nach den jetzt doch gezeigten polit-stücken rundrum gelobt.“
herr wulfekuhl aber war vor seiner berufung in die landeszentrale leiter des ortsamts mitte und mit der bearbeitung von anwohnerbeschwerden zu lärmbelästigung rund ums kulturzentrum lagerhaus zuständig. „der haßt uns wie die pest“, so breden. Das lagerhaus nahm den umweg über bonn, telefonierte mit holger ehmke von der (der landeszentrale gegenüber weisungsberechtigten) bundeszentrale für politische bildung. holger ehmke empfahl, mit karl reichmann, der gemeinsam mit wulfekuhl für die spielstättenauswahl zuständig war, zusätzliche spieltermine
zum offiziellen festival-pro gramm zu vereinbaren. ende august fand dieses gespräch statt, am 13.9. gab herr reichmann telefonisch den lagerhaus-spielplan durch. „dann“, so günther breden, „ging der hassel los.“
die 2.000 flugblätter etwa, die er gleich zu werbezwecken habe drucken lassen, habe man wegen verwendung des offiziellen festival-titels (und ein oder zwei sachlichen fehlern...) einstampfen müssen. man habe sich schließlich auf ein neues flugblatt geeinigt. „wir waren damit 7. spielstätte“, so breden, „nur es wurde keine werbung für uns gemacht, wir bekommen keine miete, die gruppen spielen bei uns für 70% der abendeinnahmen, bei den anderen bekommen sie festgagen.“
das lagerhaus jedenfalls telefonierte nochmal („mit der höchsten stelle“, so breden) nach bonn. die bundezentrale habe am montag (19.9.) ihr o.k. gegeben, man habe eine eigene werbeaktion gestartet, am donnerstag pro
veranstaltung 50 karten an die vorverkaufsstellen gegeben, am freitag dann den abend mit 16 zuschauerInnen beim „falschspieler“ verbracht, am samstag mit 35 bei „jacke wie hose“.
auf nachfrage erklärte dieter ohl vom festival-büro, man verkaufe lagerhaus erst, wenn die anderen spielstätten ausverkauft seien. begründet hat er das nicht weiter. „das war wohl letztlich eine anweisung von wulfekuhl“, schlaukopft breden.
nicht nur das lagerhaus, auch die unter streß -bedingungen auftretenden schauspieler seien - so günther breden - „stinksauer“, weil da etwas „auf ihrem rücken ausgetragen“ werde: ein theater zwischen den weisungsberechtigten stühlen. wer's hintenrum versucht, wenn einem der örtliche fest-organisator nicht wohlgesonnen ist, den mag herr organisator hinterher auch nicht lieber. da sind selbst landeszentral-leiter nur noch mensch.
petra höfer
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