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■ Dokumentation„taz diskriminiert“

Auf den Ausschluß der taz von einem Presse-Hintergrundgerspräch bei Innensenator Ralf Borttscheller am 21. Dezember hat es zwischen den Jahren weitere Reaktionen gegeben. Die „Landespressekonferenz Bremen“, der Zusammenschluß der Landespolitik-JournalistInnen des kleinsten Bundeslandes, hat in einem offenen Brief scharf gegen den Ausschluß der taz protestiert. Innensenator Ralf Borttscheller antwortete ebenfalls in einem offenen Brief. Auf das Schreiben der taz, in dem Borttscheller am 22.12. aufgefordert worden war, die taz künftig gleichberechtigt zu Pressegesprächen einzuladen, gibt es noch keine Antwort.

Sehr geehrter Herr Senator Borttscheller,

mit der Begründung, ein bestimmter Kreis sei Ihnen wichtiger als ein anderer, haben Sie am 21. Dezember die Bremer Lokalredaktion der „tageszeitung - taz“ von einem Pressegespräch in Ihrem Hause ausgeschlossen. Die Landespressekonferenz Bremen ist nicht bereit, eine solche Diskriminierung zu akzeptieren und weist diese Art des Umgangs mit Journalisten zurück.

Ihr Verhalten gegenüber unserem Kollegen Dirk Asendorpf von der taz legt die Vermutung nahe, daß Sie als Innensenator Auskünfte nur den Reportern erteilen wollen, die zuvor in Ihnen genehmer Form über Belange Ihres Ressorts berichtet haben und daß kritische und unabhängige Berichterstattung über Ihren Verantwortungsbereich unerwünscht ist. Medien auf diese Weise in akzeptierte und mißliebige zu sortieren, ist mit dem demokratischen Grundverständnis unvereinbar. Die Landespressekonferenz Bremen hält beide Seiten der Medaille für inakzeptabel: den Versuch einer Disziplinierung kritischer Redaktionen und die Unterstellung, die anderen instrumentalisieren zu können.

Die Landespressekonferenz Bremen fordert Sie auf, künftig dem Bremischen Landespressegesetz zu genügen und alle im Land Bremen ansässigen Medien gleichberechtigt zu behandelt. Das bedeutet, daß keine Redaktion von Informationsgesprächen ausgeschlossen wird.

Mit freundlichen Grüßen,

Landespressekonferenz Bremen, Gaby Schuylenburg, Karl-Henry Lahmann, Joachim Driefmeier

An den Vorstand der Landespressekonferenz:

Mit großem Erstaunen habe ich vernommen, daß Sie mir unterstellen, ich unternähme nach mittlerweile 16 Jahre langer Politikerfahrung in Bremen den Versuch, „kritische Redaktionen“ zu disziplinieren. Diese Annahme sagt eher etwas aus über Ihre Menschenkenntnis als über meine Person und mein Verhalten gegenüber Journalisten.

Mit noch größerem Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, daß Sie den bei besagtem Hintergrundgespräch am 21. Dezember eingealdenen Journalisten unterstellen, sie hätten in mir „genehmer Form“ berichtet und seien weniger „kritisch“ als andere. Diese Unterstellung halte ich zunächst den betroffenen Kollegen gegenüber für in hohem Maße unfair und unangebracht. Auch was meine Person betrifft, entbehrt sie jeder Grundlage. Wollte ich mich bei solchen Gelegenheiten nur mit mir „genehmen“ Journalisten umgeben, so bliebe ich wohl allein vor meinem Weinglas sitzen.

Ich werde auch in Zukunft zu Pressegesprächen und Pressekonferenzen allgemein einladen sowie Pressemitteilungen allen in Frage kommenden Redaktionen versenden lassen. Die bewährte Praxis der guten Zusammenarbeit mit den in Bremen tätigen Journalisten werde ich ohne Abstriche fortsetzen. Der bisherigen Gleichbehandlung widerspricht auch nicht meine Einladung zu einem informellen Hintergrundgespräch am 21. Dezember. Die Absicht war, in einem kleinen Kreis von Journalisten Hintergründe und Meinungen zu diskutieren und auch meinen neuen Pressesprecher, Herrn Dr. Luft, vorzustellen. Dies kann auch Herrn Lahmann nicht verborgen geblieben sein, der an dem Gespräch teilgenommen hat. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich auch in Zukunft das Recht in Anspruch nehmen werde, sporadisch einen Gedankenaustausch in einem vor mir von Fall zu Fall zu bestimmenden Kreis zu pflegen. Dies bedeutet keinerlei Bevorzugung oder Diskriminierung, sondern entspricht der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Praxis im Umgang von Journalisten und Politikern. Daran gedenke ich mich auch in Zukunft zu orientieren.

Ralf Borttscheller

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