taz Salon Hamburg 19.01.: Der spendable Bestimmer

Die Stadt und der Sponsor Klaus-Michael Kühne: Muss man Wohltäter in Watte packen? Wir diskutieren.

Bild: Archiv

Kaum ein anderer tut so viel für Hamburg, könnte man meinen, wie Klaus-Michael Kühne. Der Mehrheits-Aktionär des Logistik-Riesen Kühne+Nagel ist mit verschiedensten Sponsoring-Projekten in seiner Geburtsstadt präsent. Er finanziert die Sanierung der Katharinenkirche, unterstützt die Elbphilharmonie, profilierte sich als „Retter von HapagLloyd“, sponsert Literaturhaus und Harbour Front Literaturfestival und unterhält mit der Kühne Logistics Univerity eine eigene Privat-Hochschule. Als spendabler Bestimmer hat er sich bei vielen HSV-Fans ausgesprochen unbeliebt gemacht. Aber immerhin hat er den Hamburgern – zumindest nominell – ihr „Volksparkstadion“ wieder gegeben.

Wann: Di, 19.01.2016, 19.30 Uhr

Wo: Kulturhaus 73

Schulterblatt 73, 20357 Hamburg

Eintritt frei

Seinen Firmensitz hat Kühne+Nagel, aus Sorge vor den Sozialdemokraten, zwar schon 1969 von Hamburg in die Schweiz ausgelagert. Doch auch, wenn die Steuereinnahmen seither im idyllischen Schindeleggi hoch über dem Zürichsee fällig werden – als Arbeitgeber ist Kühne auch für Hamburg noch immer eine große Nummer.

Hamburg ist nicht undankbar. Der Senat machte Klaus-Michael Kühne zum Professor ehrenhalber, und als seine Firma nun ihr 125. Gründungsjubiläum feierte, lag das Goldene Buch der Stadt weit aufgeschlagen vor dem Sponsor. Ein mehrgängiges „Senatsfrühstück“ inklusive.

Aber: Muss man Wohltäter in Watte packen? Denn zugleich ist Klaus-Michael Kühne ja ein Sponsor mit sehr spezieller Geschichte: Mit einer reichhaltigen NS- und Arisierungsgeschichte – auch in eigener Sache –, die die Firma noch immer weitestgehend unter dem Deckel zu halten versucht.

Nach wie vor ist das Firmenarchiv für Historiker tabu. Nach wie vor behauptet die Firma, sie habe sich 1933 von ihrem jüdischen Teilhaber „freundschaftlich getrennt“. Nach wie vor tut die Firma so, als habe sie lediglich „in dunklen Zeiten“ versucht, wirtschaftlich über Wasser zu bleiben. Die Wahrheit ist: Kühne+Nagel sicherte sich das Monopol für den Abtransport des gesamten Besitzes der aus Westeuropa deportieren jüdischen Bevölkerung.

In der Diskussion wollen wir klären, ob diese monströse Dimension moralische Konsequenzen haben kann. Über welche Handlungsspielräume verfügt eine Stadt jenseits der Investorenpflege? Dürfen Wohltäter alles? Oder gilt: Wer spendet, darf bestimmen? In welcher Zwickmühle befinden sich Kulturinstitutionen, die von Klaus-Michael Kühne und seinen Stiftungen reichhaltige Unterstützung erfahren?

Wir diskutieren mit:

Norbert Hackbusch, wirtschafts- und kulturpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE

Thomas Kerfin, HSV-Supporters-Club  

Cornelia Rauh, stellvertretende Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte

Hansjörg Schmidt, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Moderation: Henning Bleyl, Redakteur der taz.nord

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