■ Die Anderen: "Neue Zürcher Zeitung" zum Albanien-Konflikt / "Times" zur Bluttat in Arkansas / "Liberation" zur Auswahl der elf Euro-Länder
Die „Neue Zürcher Zeitung“ meint zum Albanien- Konflikt: Die Frage, ob Präsident Milošević mit mehr Zuckerbrot oder mehr Peitsche zum Einlenken bewogen werden kann, ist so alt wie der Jugoslawien-Konflikt selbst. Das gleiche läßt sich allerdings auch von den Interessengegensätzen und der daraus resultierenden Handlungsunfähigkeit der sogenannten Staatengemeinschft sagen. Seit dem Beginn des Zerfalls Jugoslawiens im Jahre 1991 wurden unzählige Drohungen ausgestoßen, denen keine oder halbherzige Taten folgten. Fristen verstrichen, ohne daß die damit verbundenen Forderungen erfüllt worden wären. (...) Auch wenn es nun schon bald, was zu erwarten ist, zu serbisch-albanischen Gesprächen kommen wird, so bleibt die entscheidende Frage unbeantwortet, wie die Konfliktparteien angesichts der völlig gegensätzlichen Vorstellungen zu Kompromissen gezwungen werden können. Das gilt vor allem für die serbische Seite, für die jedes Nachgeben einem nationalen Verrat gleichkommt.
Die konservative britische „Times“ kommentiert die Bluttat von Arkansas und zieht einen Vergleich mit dem Massaker im schottischen Dunblane: Das Ausmaß des Massakers von Jonesboro mag geringer gewesen sein, aber die Methode des Mordens war beängstigend ähnlich... Der Anschlag von Dunblane hatte unmittelbare und dramatische Folgen. Gleichsam über Nacht wurde in Großbritannien der Besitz privater Handfeuerwaffen verboten. Das ist in Arkansas anders. Bestenfalls kann man auf ein Gesetz für den Bundesstaat hoffen, das die Bestimmungen des Waffenbesitzes für Kinder verschärft. Aber einen Frontalangriff auf die Kultur, die diese Morde zuläßt, wird es nicht geben.
Die linksliberale französische Zeitung „Libération“ kommentiert die Auswahl der elf Euro-Länder: Von diesem historischen Tag an hat die europäische Diskussion ihren Charakter verändert. Elf Länder haben sich entschieden, bei dem Abenteuer auch das Ende anzusteuern. Für alle, die sich für die Zukunft interessieren, stellt sich nicht mehr die Frage, ob man für oder gegen den Euro ist. Die Frage heißt: Welchen Euro will man? Bei diesem Projekt setzt Europa auf volles Risiko. Auf die europäische Gesellschaft warten historisch nötige, aber sozial schmerzhafte Prüfungen. Sie werden ohne Netz, ohne Schutz und sogar ohne den Willen zur gemeinsamen Korrektur von Ungleichgewichten angegangen. Bevor die modernisierenden Auswirkungen der Währungsunion wirksam werden, wird sie die Gesellschaften durch eine schnelle industrielle Umstrukturierung zerreißen und mit einiger Sicherheit eine politische Revolte auslösen. Wie bei jedem dogmatischen Kult werden auch hier die Ikonen zerstört werden.
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