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"Liebe taz..."Männer zerschlagen ihre Beziehung -betr.: "Männer sollen prügeln verlernen", taz-Bremen vom 1.10.1997

Betr.: „Männer sollen prügeln verlernen“, taz vom 1.10.97

Mann schlägt seine Frau, und die Strafe wird ausgesetzt, wenn mann einen Trainingskurs mitmacht. So lernt mann als erstes, daß Körperverletzung nicht grundsätzlich bestraft wird. Dasselbe lernt er, wenn Alkohol als „Ursache“der Gewalt akzeptiert wird und damit als Entschuldigung dient. So kann mann sich prima den Konsequenzen entziehen.

Ich weiß nicht, was in dem Training vermittelt wird, aber wenn mann damit um eine Strafe herumkommt, sitzt mann dort gerne ein paar Stunden ab. Was dort von ihnen erwartet wird, wissen Männer sehr genau: sozial angepaßtes Verhalten. Das schafft mann allerdings mit links: Er ist nämlich weder auf der Arbeit noch im Freundeskreis gewalttätig.

In der Beziehung haben gewalttätige Männer nämlich eines gemeinsam, sie sind sozial angepaßt und aggressiv gehemmt. Sie können in ihrer Beziehung nicht deutlich „nein“sagen und für ihre Grenzen einstehen. Wenn sie in einer Diskussion den kürzeren ziehen, wissen sie sich nicht anders zu wehren, als männliche Überlegenheit zu demonstrieren: Sie schlagen zu. Und es braucht etwas mehr, als zwangsweises Verhaltenstraining, um über solche „Stolperfallen“männlicher Identität hinwegzukommen. Gute Erfahrungen mit freiwilligen Beratungen gewalttätiger Männer hat die Beratungsstelle Männer gegen Männer-Gewalt in Hamburg gesammelt. Denn nur der eigene Leidensdruck bewirkt Verhaltensänderungen. Unter der Gewalt leiden auch die Täter. Ihre nächsten Angehörigen begegnen ihnen nämlich nur noch mit Angst. Die Täter zer-schlagen das, was ihnen am wichtigsten ist: ihre Beziehung. Jürgen Rohde

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