: "Liebe taz..." - Ungleiches Paar, betr.: "Bremens Pädiatrien im Wettstreit", taz vom 14./15.1997
Betrifft: „Bremens Pädiatrien im Wettstreit“, taz v. 14./15.6.1997
In der zweiten Juniwoche begann in der Gesundheitsbehörde der öffentliche Auftakt zur geplanten Bettenreduzierung. Man hört, daß die Bettenzahl der Kinderklinik Links der Weser 55 und die der St. Jürgen-Straße 125 beträgt und schon wird daraus die kleine und die große Kinderklinik. Und warum eigentlich nicht – es ist ja nur eine halbe Portion. Eine schlichtweg falsche Aussage trotz richtiger Zahlen. Aufgefächerte Einzelanalysen bezüglich der Bettenbelegung, der ambulanten Fallzahlen sowie der Anzahl stationärer Patienten ergaben, daß beide Kinderkliniken als groß und gleichwertig qualifiziert anzusehen sind. Übertreibt man dieses zwangsläufig notwendige Spiel in Zahlenpaaren, mit respektvollem Ernst, den Vergleich anzutreten, so schleicht sich zugleich, aber zunächst noch unbemerkt, das zunehmende Gefühl ein, in einer Stierkampfarena zu sitzen und vermutlich sitzen zu bleiben, weil es so faszinierend und abschreckend zugleich ist. Doch wenn einem das so nicht gefällt, muß man sich die Mühe machen und den Platz verlassen. Dann könnte man mit denselben Zahlen, in Abhängigkeit von der Zeit, durch den Kurvenverlauf etwas aussagen, der an Gebirgszüge und Flußläufe erinnert und über das Leben und die Entwicklung der Kinderkliniken von der politischen bis zur psychosozialen Landschaft unserer Zeit erzählt. Es ermöglicht, zu überprüfen, ob und wie abhängig eine Kinderklinik z.B. von den Geburtenzahlen der Vergangenheit war oder derzeit ist oder, ob sie es vielleicht sogar versteht, durch ganz andere Klinikansätze dem Trend der Zeit zu trotzen und dadurch allen guten Grund zu haben glaubt, auch überleben zu können.
Dr. Gabriele Sadowski
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