piwik no script img

■ Die Anderen"Haaretz" meint, daß Neuwahlen in Israel nach Levy-Rücktritt unvermeidlich sind / "La Repubblica" schreibt über die kurdischen Flüchtlinge / "Il Messaggero" sieht die Kurden nur als eine Vorhut

„Haaretz“ (Tel Aviv) meint, daß Neuwahlen in Israel nach Levy-Rücktritt unvermeidlich sind: Es ist wahrscheinlich, daß die Regierung den Rücktritt ausnutzen wird, um weitere Truppenabzüge aus dem Westjordanland zu verhindern. Möglicherweise wünschen sich viele ihrer Mitglieder sogar die Absage des geplanten Besuchs des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu am 20. Januar in Washington. Eine solche Absage wäre jedoch ein schwerer Fehler, auch nach Ansicht Levys. Es ist jedoch eindeutig, daß die Chancen für einen Abzug geringer geworden sind. Möglicherweise wird der Rücktritt Netanjahu den Abzugsgegnern von der rechten „Front für Eretz Israel“ näherbringen. Mit dem Ausscheiden Levys ist die Regierung in einer Sackgasse und an einem neuen Tiefpunkt angelangt. Nach dem Ausscheiden seiner Gescher-Fraktion fehlt der Koalition ein zentraler Baustein in der Mauer der Netanjahu-Regierung. Neuwahlen sind nun eine absolute Notwendigkeit.

„La Repubblica“ (Rom) schreibt über die kurdischen Flüchtlinge: Nicht nur Italien, sondern ganz Europa lebt in Nachbarschaft zu Verfolgungen, deren Komplizen wir wegen einer langen Kette von Übereinstimmungen sind. Das Wort Komplize ist üblicherweise ein moralisches Hilfsmittel, um das Gewissen aufzurütteln. In diesem Fall ist es jedoch eine Tatsache. Ganz Europa wohnt mit geschultem Desinteresse den Verfolgungen, den Gemetzeln der Iraker und Türken bei. Denn einerseits gibt es das Problem einer Dynastie der Macht, die nicht einmal die Vereinigten Staaten vertreiben konnte. Andererseits gibt es eine Galaxie von wirtschaftlichen und Handelsbeziehungen, die es der europäischen Diplomatie nicht empfiehlt, allzusehr die Stimme zu erheben.

„Il Messaggero“ (Rom) sieht die Kurden nur als eine Vorhut: Es geht nicht um Hunderte, Tausende, sondern um Millionen, zig Millionen. Aus dieser einzig realistischen und aufrichtigen Perspektive handelt es sich bei der „Fluchtwelle der Kurden“, wie jener der Albaner, nicht um einen Ausnahmezustand im Sinne von unerwartet und schnell lösbar.

Die Kurden, die in unseren Häfen an Land gehen, sind lediglich die Vorhut eines enormen Zustroms von Menschen, die sich in den kommenden Jahren von jeder Mittelmeerküste Richtung europäische Ufer aufmachen werden, um von dort aus den Weg nach Frankreich, Deutschland und nordische Länder einzuschlagen. Seit geraumer Zeit wurde eine solche Migration als inzwischen unvermeidlich in all ihrer kolossalen Dimension vorhergesehen. Und nicht erst seit heute wissen wir, daß sich nach den Albanern und den Kurden die Menschen Algeriens, Tunesiens, Ägyptens, des Irak und des Libanon in Bewegung setzen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen