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"Es ist doch zu Kruses Bestem"

■ Lothar Matthäus: Mein neues Hertha-Tagebuch (Teil I): Warum ich zu Hertha BSC Berlin gehe, und wie ich Hertha-Kapitän werde - obwohl ich gar nichts gegen den Axel Kruse habe

Mittwoch, 18. Juni: Ein Lothar Matthäus ist in Australien. Sein Handy piepst. Ah, Sport-Bild sagt mir, daß Hertha meinen angeblichen Wechsel nach Berlin dementiert. Sehr gut, wie abgesprochen. Ich bekomme aber jetzt auch Zweifel. Wenn ein Lothar Matthäus wechselt, dann doch nur in eine ganze Weltstadt. Versuche sofort, Franz anzurufen. Er muß sein Handy ausgeschaltet haben.

Donnerstag, 19. Juni: Mein Handy piepst. Dieter Hoeneß. Dieter sagt mir, daß Berlin eine Weltstadt ist. Aha! Versuche trotzdem, Franz anzurufen. Ein Lothar Matthäus kann ihn doch nicht im Stich lassen. Diese Nummer ist im Moment nicht zu erreichen.

Freitag, 20. Juni: Frage Lothar Matthäus, warum Icke nicht zu Hertha gegangen ist. Ist Karlsruhe eine noch größere Weltstadt wie Berlin? Ich versuche, ihn auf seinem Handy anzurufen. Dem Franz seins ist auch ausgeschaltet.

Samstag, 21. Juni: Robert Schwan sagt mir, daß die Ufa 9 Millionen für Neueinkäufe ausgeben will. Ich liebe starke Frauen. Überhaupt ist ein Lothar Matthäus nicht geldgierig und will nicht nur abzocken. Wichtiger sind die Perspektiven. Aha, drei Boulevardzeitungen – und diverse Schnarchblätter. Ich frage Robert, warum ich Franz nicht erreiche. Robert sagt, Franz hat sein Handy ausgeschaltet.

Sonntag, 23. Juni: Ich rufe bei Bild-Berlin an, gebe aber natürlich noch keine Internas preis. Ich will wissen, wer eigentlich bei Hertha so spielt. Aha: Mittelstürmer ist der Axel Kruse. Er hat sein Handy aber vorübergehend ausgeschaltet.

Montag, 24. Juni: Ich werde offiziell vorgestellt. Im Hinterzimmer von „Holst am Zoo.“ Ich sage, daß Lothar Matthäus ein Berliner ist. Das hat mir Loris geraten.

Dienstag, 25. Juni: Ich stehe früh auf, schaue, ob mein Handy eingeschaltet ist und lese Bild. Ein Kapitän muß schließlich Vorbild sein. Ich erfahre, daß der Axel Kruse Kapitän ist. Ein Lothar Matthäus hat damit aber kein Problem.

Mittwoch, 26. Juni: Trainer Röber stellt Lothar Matthäus der Mannschaft vor. Ich schalte kurz mein Handy aus und übersetze. Das habe ich bei Trapattoni und Vogts auch immer gemacht.

Donnerstag, 27. Juni: Ich stehe auf. Aber nirgends ist ein Handy eingeschaltet. Ich lese in Bild über den Axel. Es fällt mir schwer, das zu sagen. Aber ich muß vermuten, daß er geldgierig und unkameradschaftlich ist und hier nur abzocken will. Dieter und Jürgen haben aber ihre Handys nicht eingeschaltet.

Freitag, 28. Juni: Mein Handy piepst heute so seltsam. Ich rufe Helmer an. Er vermutet, daß das Handy krank ist und man ihm helfen muß. Ich will wissen wie, aber da schaltet sich sein Handy ab.

Samstag, 29. Juni: Ich muß etwas tun. Das ist meine Pflicht. Ich nehme mein Handy und rufe bei Bild an. Ich erzähle von meinen Befürchtungen. Die Journalisten sagen mir, der Axel sei ein Zocker. Das habe ich befürchtet.

Sonntag, 30. Juni: Gut, daß ich ein Handy habe. So erfahre ich, daß der Axel keinen Führerschein mehr hat. Ich befürchte sofort, daß das nicht geht. Ein Kapitän ohne Führerschein? Ich rufe Loris an. Er hat aber sein Handy ausgeschaltet.

Montag, 1.Juli: Ich muß es tun. Das bin ich Lothar Matthäus schuldig. Sagt Bild ja auch.

Dienstag, 2. Juli: Heute hat Jürgen es der Mannschaft gesagt. Ich habe übersetzt. Ich muß schließlich als Kapitän Vorbild sein. Nach dem Training habe ich den Axel auf seinem Handy angerufen und ihm meine Hilfe angeboten. Ich habe ihm gesagt, daß alles zu seinem Besten ist. Es geht nicht um persönliche Interessen. Es geht um eine ganze Weltstadt! Das hat mir Loris gesagt. Abends dann der Schock: Mein Handy ist tot.

Lesen Sie morgen: Wie Hertha- Kapitän Lothar Matthäus sich mit dem neuen Handy fühlt – und wen er anruft, um denen zu sagen, daß er ein neues Handy hat.

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