: "Eine Kampagne gegen Brigitte Dreyer" -betr.: "Die DAG outet einen Mobbing Fall", taz vom 6.8.94
Betr.: „Die DAG outet einen Mobbing-Fall“, taz vom 6.8.94
Brigitte Dreyer ist kein einfacher Fall von Mobbing am Arbeitsplatz, obwohl Frauen inzwischen zu Hunderten von derartigen Psychoterror-Methoden betroffen sind.
Wie in dem Artikel ganz richtig vermutet wird, gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen den politischen und gewerkschaftlichen Aktivitäten von Brigitte Dreyer und der gegen sie laufenden Diffamierungskampagne. Hinzu kommt noch, daß Brigitte Dreyer zu den SozialdemokratInnen zählt, die der Meinung sind, daß Korruption und Machtmißbrauch nicht zu den Schwerpunkten sozialdemokratischer Politik gehören. In Bremen ist festzustellen, daß ausgerechnet SozialdemokratInnen, die sich dem linken Parteiflügel zurechnen, derartige Verhaltensweisen kultiviert haben. Das ist sicherlich kein Zufall. Wer selbst unter Stigmatisierung und Ausgrenzung zu leiden hatte, ist froh, endlich in der „Partei-Familie“ anerkannt zu werden und zahlt dann auch gern den entsprechenden Preis. Unrechtsbewußtsein ist da nicht zu erwarten. Mann ist ja schließlich Sozialist und kämpft für eine bessere Welt. Verbal versteht sich. Frei nach dem Motto der ehemaligen realsozialistischen Länder: Erstmal muß es den Führungseliten gut gehen, dann wird es auch irgendwann der Bevölkerung besser gehen.
Nun gibt es da plötzlich Sozialdemokratinnen, die diese über Jahre gewachsenen Filzstrukturen aufbrechen und Mißstände aufdecken, die die Genossen der eigenen Partei zu verantworten haben. Das hat dann nichts mit dem viel und gern zitierten Erneuerungsprozeß zu tun, nein, das ist Verrat, der mit altbekannter Strategie geächtet wird: Ausgrenzung und Stigmatisierung.
Brigitte Dreyer hat also ihre derzeitige Situation sehr realistisch eingeschätzt. Gehört der Arbeitgeber der Betroffenen auch zu den Sumpfblüten in der SPD, erleichtert das die Sache ungemein. Auf eine öffentliche Diffamierungskampagne folgt die berufliche Abqualifizierung, die nicht selten mit Existenzvernichtung und Dauerarbeitslosigkeit endet. Für Brigitte Dreyer ist es also nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Abmahnungen auf den Tisch flattern. Zeugen, die ihr „Fehlverhalten“ am Arbeitsplatz belegen, sind leicht zu finden, denn es lohnt sich. In der Regel winkt ein lukratives Pöstchen. Ä...Ü
Anne Albers
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