personal der wahl (8): Pädagogin, Politikerin, PDS: Viele Ps bei Petra Pau
Was Ostrotzlöffelmäßiges
Wählen macht lustig, und Wahlkampf ist schön. Manchmal stellt man sich auch vor, wie engagierte Wahlkämpfer sich in andere engagierte Wahlkämpfer nach engagierten Wahlkampfauftritten verlieben. Vielleicht gibt es ja auch CMCDUCSUFDPSPDGRÜNEPDS-Groupies. Politikverdrossenheit? – Nicht mit mir! Ich hatte sie alle, und alle waren super!
Nun ja, Spaß muss sein, sprach Wallenstein. Der Wahlkampf ist ja auch oft ein wenig trashig, Stichwort „CM“ oder the return of the Kampf der Giganten oder neulich im Fernsehen, als die Experten der Arbeit Aller-im-Bundestag-vertretenen-Parteien im Studio waren und sich über Konzepte unterhielten. Die Gespräche fanden in so einem seltsamen So-tun-als-ob-Szenario statt. Die Geschichte war die, dass die „Deutschland AG“ also einen Vierjahresjob zu vergeben hatte und verschiedene „Bewerber“ eingeladen hatte, die zunächst vom Personalratschef und dann von dem Typen von der Arbeitgeberseite gebrieft wurden und sich in der zweiten Runde miteinander streiten durften. Lothar Späth hatte am Ende mit TED gewonnen, Fritz Kuhn wurde Zweiter, und Roland Claus, der PDS-Chef, wurde leider Gottes nur Letzter. Aber mit über fünf Prozent.
Roland Claus war in letzter Zeit öfter für die PDS in den „Ring“ gestiegen. Er hat eine angenehm zurückhaltende Ausstrahlung, und man stellt sich vor, dass er manchmal feinsinnige Witze macht. Und dann wundert man sich wieder, wenn er plötzlich, statt konkret auf eine Frage zu antworten, alle möglichen wahlprogrammatischen Schnipsel der PDS herunterbetet, Sachen sagt, die ihm wohl windige Öffentlichkeitsberater eingeflüstert haben. Wenn man das mitgeschrieben hätte, hätte man genau zeigen können, wo seine Rede vom Normalen ins Auswendiggelernte, Parolenhafte umkippt. Die offensichtliche Präsenz nicht so guter Berater in seiner Rede hatte aber auch wieder etwas sympathisch Authentisches. So ähnlich vielleicht wie bei einem DJ, der die Übergänge zwischen den Platten nicht versteckt, sondern herausstellt. Und die PDS hat viele Platten.
Denn eigentlich sollte es hier ja um Petra Pau (39) gehen, die stellvertretende Parteivorsitzende der PDS, Spitzenkandidatin auf der Landesliste, Direktkandidatin in Gysis Exwahlkreis Marzahn-Hellersdorf, in dem sie die Poleposition hat. Anfangs überzeugte Petra Pau schon vom Namen her. Kein anderer Politiker, keine andere Politikerin hatte einen solchen oder ähnlich klingenden Namen; ähnlich klingt nur Peter Pan, der nie erwachsen werden wollte. Mit Peter Pan hat die gelernte Pädagogin wohl wenig am Hut. Politik und Pädagogik sind bekanntlich Bereiche ordnungsgemäßen Erwachsenenseins. Vielleicht ist ein Pan Tau in ihr verborgen.
Irgendwie ist es faszinierend, dass Petra Pau so viele Ps sammelt: Pädagogin, Politikerin, PDS. Am Ende ihrer Karriere sollte sie Parlamentspräsidentin werden. Ein sympathisierender Freund, der ihre Authentizität prima findet, wünscht ihr dagegen, dass sie sich irgendwann aus der Politik zurückzieht, weil das Politikerdasein zur Verblödung führe. Wie auch immer. Die mittlerweile 39-Jährige strahlt jedenfalls so eine angenehme Frische aus, so etwas Ostrotzlöffelmäßiges. Hat auch eine interessante Entwicklung genommen; vielleicht hat man sich aber auch als Westler einfach nur an sie gewöhnt. Anfangs jedenfalls schien einem manches außer der Stimme leicht aufgesetzt zu sein. Die Punksträhne im Haar und so. Inzwischen wirkt sie äußerst stimmig. Die roten Haare hochgeföhnt, als sei sie grad ganz schnell gelaufen, signalisieren Geschwindigkeit. Man möcht es mal so sagen: Petra Pau ist schau! DETLEF KUHLBRODT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen