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netzgeschichtenSchadenfreude

Schadenfreude ist eben doch die schönste Freude. Am Dienstag hat eine bayrische Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Gebrüder Haffa aufgenommen. Sie wirft ihnen allerlei Verstöße gegen das Aktienrecht vor, schöngerechnete Bilanzen ihrer Schwindelfirma EM.TV und Ähnliches. Noch nie haben mir bayrische Staatsanwälte so gut gefallen. Ich hoffe, dass sie mindestens so eifrig ans Werk gehen wie seinerzeit gegen den braven Felix Somm. Vielleicht haben sie sogar das Gefühl, dass sie an den Gebrüdern Haffa den Schaden wieder gutmachen sollten, den sie dem Internet mit dem Prozess gegen den deutschen CompuServe-Chef angetan haben. Diesmal nämlich hätten sie die Richtigen erwischt: zwei junge Schnösel mit nichts weiter im Kopf als Geld und Leo Kirch.

Ernsthafte Leute schrieben sich die Finger wund, um zu erklären, was „New Economy“ wohl bedeuten könne, das Schlagwort der letzten zwei Jahre. Eine Wirtschaft, die auf Intelligenz und Information beruht, so schien es, Firmen ohne Hierarchie, eine Chance für Erfinder: Die Wirtschaft des Internets und damit die Wirtschaft intelligenter User. Die besten Beispiele kamen aus den USA, hießen Amazon, Yahoo oder E-Bay, und sie werden wohl auch die große Krise dieses Jahres überleben. Die New Ecomomy ist nicht tot, mausetot ist glücklicherweise nur die Firma EM.TV der bayrischen Brüder Haffa. Dass ihnen überhaupt irgendjemand auch nur einen Pfennig Geld gab, lag nicht an ihren Ideen, sondern allein daran, dass sie es geschafft hatten, sich selbst in den Medien als besonders pfiffige Startupper zu verkaufen. EM.TV wurde ein Spitzenwert am Neuen Markt, weil komplett ahnungslose Fernsehredakteure ihren Zuschauern unbedingt eine deutsche Firma der New Economy vorführen wollten. Es hätte durchaus erwähnenswerte Beispiele dafür gegeben, EM.TV jedoch war das genaue Gegeteil all dessen, was an der New Economy neu war: Die sauberen Jungs wollten doch nur die guten alten Senderechte für nicht besonders gute alte Filme und Autorennen verkaufen. Sie hatten noch nicht einmal begriffen, dass mit dem Internet die Zeit der dummen Dauerglotzer zu Ende geht. Wahrscheinlich halten sie die Computermaus noch heute für eine Fernbedienung zur Überweisung von Abonnementsgebühren.

Natürlich war die Rechnung von Anfang an falsch gewesen, wie man eigentlich schon daran hätte erkennen können, dass die Haffas ausgerechnet Leo Kirch zu ihrem Vorbild erklärten, den deutsch frömmelnden Medienkrämer, der von neuer Technik noch nie auch nur einen blassen Dunst hatte. Auch er steht deshalb immer wieder kurz vor der Pleite, und wenn es denn wirklich so weit ist, dass endgültig niemand mehr Kirchs veraltete Decoder kauft, wird meine Schadenfreude noch größer sein.

Nein, ich vergesse nicht die völlig unschuldigen Opfer, die womöglich ihren letzten Spargroschen in die Schwindelfirma der Haffas gesteckt haben. Was können sie dafür, dass dieser Rat in allen Börsenblättern zu lesen war? Ich bin nicht einmal ganz sicher, ob nicht auch diese altlinke Zeitung hier auf den Schwindel hereingefallen ist, in einer Kurzmeldung vielleicht. Mehr waren die Haffas nie wert. Nun ja, ein wenig selber schuld sind die Geprellten vielleicht doch. Sie hätten sich im Internet ja sehr viel besser informieren können.

NIKLAUS HABLÜTZEL

niklaus@taz.de

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