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lokalkoloratur

Gewünscht hätte es ihr natürlich niemand. Weil man so etwas einfach niemandem wünscht. Aber ein bisschen klammheimliche Schadenfreude hätten ein paar AnwohnerInnen wahrscheinlich schon gehabt. Die hätten sie sich wohl nicht verkneifen können, wenn Inge Meysel sich nun doch noch über ihren gewonnenen Deich-Krieg hätte ärgern müssen. Jahrelang hat die Mutter der Nation ihre Prominenz eingesetzt und den Bau eines Elbdeichs vor ihrem Haus in Bullenhausen verhindert. Sie wolle schließlich „den freien Blick auf die Elbe genießen“ und zum morgendlichen Nacktbaden „nicht erst über einen Erdwall klettern“, lautete ihre Parole. Deshalb wurde lediglich eine Flutmauer zum Schutz des Dorfes gebaut. Und wie es aussieht, ist der wohl trotz Jahrhundertflut ausreichend: „Hier gibt es kein Hochwasser. Ich habe großes Glück, dass ich an einem Stück Elbe lebe, wo in diesen Tagen nicht ein halber Meter Wasser hoch gekommen ist“, freut sich die 92-Jährige. Schön für sie. So bleibt es dabei, dass nun gerade all die mit den Fluten zu kämpfen haben, die sich nie etwas aus dem freien Blick auf die Elbe machten. Dafür haben sie jetzt freien Körperkontakt mit dem Elbwasser in der eigenen Wohnung. Manchmal ist die Welt ungerecht. TS

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