leserinnenbriefe :
Auf dem falschen Dampfer
■ betr.: „Sind Sie auch Feminist?“, taz vom 8. 3. 10
Leider ist auch die taz mal wieder auf dem falschen Dampfer, weil sie an keiner Stelle mehr weiß als die Leute, die sie befragt. Der Begriff „Der Feminist“ war in den Siebzigerjahren ein vielfach geläufiger, wenn auch umstrittener politischer Begriff, der nicht biologisch definiert wurde, so wie ja auch „Kommunist“ oder „Sozialist“ geschlechtsneutral sein sollten. Es gab sogar jahrelang eine gleichnamige und überregional vertriebene Zeitung vom Frauenforum München, die das Patriarchat analysierte und zusammen mit Männern abschaffen wollte. Im Kern dieser Analyse stand die Stellung des Kindes (!) in der Gesellschaft. Hier zeigt sich mal wieder, dass die Heterogenität der frühen neuen Frauenbewegung auch in dieser Zeitung wie in nahezu allen anderen Medien nicht zur Kenntnis genommen wird. HELKE SANDER
Der gutwillige Mann
■ betr.: „Sind Sie auch Feminist?“, taz vom 8. 3. 10
ich stolpere in den statements der befragten männer immer über die verben „beteiligen“, „unterstützen“, „entlasten“. bemerkenswert fand ich auch den satz im artikel über die grünen-väter, dass „selbstverständlich die frauen den löwenanteil der kinderarbeit übernehmen“. was soll das heißen?
ein beispiel: frau arbeitet teilzeit, das heißt, sie ist einen teil der ihr zur verfügung stehenden zeit abhängig beschäftigt und sie wird dafür entlohnt. hat sie allerdings kinder, wird sie in ihrer nominellen „freizeit“ vermutlich haushalt, kinderbetreuung, einkauf etc. erledigen. diese „familienarbeit“ wird ihr aber nicht vergütet. wäre dies angemessen der fall, könnte ihr einkommen möglicherweise die höhe des gehalts des vollzeitarbeitenden mannes erreichen oder übersteigen. dass familienarbeit nicht entlohnt wird, sagt viel aus über die werte der gesellschaft, in der wir leben. schließlich gilt als konsens, familie resp. kinder resp. pflege von angehörigen sei eine art freiwilliger selbstverpflichtung der frau. so lange wird der gutwillige mann seine frau „unterstützen“, und nicht selbstverständlich seinen teil der familienarbeit erledigen. SUSANNE DIETEL, Leipzig
Einengende Männerrollen
■ betr.: „Die Männer-Rechte“, taz vom 8. 3. 10
Der im Artikel erwähnte Professor Amendt, der die Abschaffung der Frauenhäuser forderte, ist natürlich nicht rechtsextrem, sondern nur rückwärtsgewandt und stellt sich einem demokratischen Geschlechterdialog eher in den Weg. Das Bundesforum Männer scheint mir da einen wesentlichen Schritt weiter zu sein: Gewalt gegen Männer und Jungen aufdecken, gleichzeitig einengende Männerrollen überwinden wollen. Eben eher fortschrittlich als ideologisch zu sein. DAMIRO SCULAS, Berlin
In erster Linie sind wir Menschen
■ betr.: „Der deutsche Mann kann sehr schüchtern sein“,taz vom 8. 3. 10
Als ich den Beitrag von Frau Lewandowska las, erinnerte ich mich an ein eigenes Erlebnis. Als ich einer (emanzipierten?) Frau, welche kaum eine Hand frei hatte, die Tür aufhielt, schnauzte sie mich an: „Glaubst du, ich schaff das nicht alleine?“ Und im Hinausgehen hörte ich sie noch murmeln: „Scheiß Macho!“ Vielleicht sollten wir alle in dieser Diskussion erfassen, dass wir erst in zweiter Linie Frau oder Mann sind. In erster Linie sind wir Menschen und deren Würde ist unantastbar. In jeder Richtung. Hilfsbereitschaft nicht anzunehmen oder nicht zu leisten ist würdelos. So, wie es auch würdelos ist, eine Frau geringer zu entlohnen oder, was Frauen gerne machen (die meinige kann ein Lied davon singen!), eine Frau zu missachten, die aus freien Stücken „nur“ Mutter ist. CHRISTIAN MEINHARD, Calw
Berufe herabgewürdigt
■ betr.: „Die SPD macht sich an die Arbeit“, taz vom 9. 3. 10
Es ist wirklich unerträglich mit welcher Beharrlichkeit schwierige Berufe (Altenpfleger, Sozialarbeiter, Reinigungsfachkräfte, pädagogische Fachkräfte) herabgewürdigt und lächerlich gemacht werden. Die bedauerlicherweise betroffenen Millionen Hartz-IV-Menschen müssen stattdessen in die Vorstände, Unternehmensleitungen, Redaktionsstuben vermittelt werden. PAUL MURAS, Möglingen
Am Fiskus vorbeigeschleust
■ betr.: „SPD nimmt Westerwelle die Arbeit ab“, taz vom 9. 3. 10
Die Ausbrüche der SPD-Frau Kraft sind symptomatisch für die Diskussionen der letzten Zeit. Kurz nachdem die CDs mit mutmaßlichen hochkriminellen Steuerhinterziehern zum Kauf angeboten worden sind und bevor eine öffentliche Auseinandersetzung damit stattgefunden hat, lenkt unser Außenminister den Blick mit populistischem Geschrei auf die sogenannten Harz -IV-Missbraucher. Selbst wenn es einen geringen Prozentsatz davon gibt, so sind das Peanuts im Vergleich zu den in krimineller Absicht am Fiskus vorbeigeschleusten Milliarden. Diese Leute sind die wirklichen Verbrecher, die den Staat aus reiner Habgier schädigen. Von dieser Problematik hat die FDP schnell abgelenkt, um auch hier wieder Klientelpolitik zu betreiben. Seit wann gehören diese Leute denn auch zur Klientel der SPD? SABINE UND GERD HELLWIG, Seth