: h.g. hollein Stille Nacht
Die Frau, mir der ich lebe, hat einen Vorsatz gefasst. Demzufolge werde ich in diesem Jahr aufhören zu schnarchen. Ich fände es ja schon ausreichend, wenn die Gefährtin von ihrer paranoiden Vorstellung Abstand nähme, ich würde das tun. Immerhin ist es peinlich genug, wenn wir einmal in einem Hotel übernachten und die Gefährtin mitten in der Nacht in hochfrequenter Hysterie was von „Aufhören!“ und „Du bringst mich noch um!“ kreischt. Das reißt mich nicht nur aus den wohligsten Tiefschlafphasen, es trägt mir am Frühstücksbuffet zudem überaus skeptische Blicke ein. Lästig ist darüber hinaus auch, dass mir die Gefährtin einfach nicht glauben will, dass sie unter einer Zwangsvorstellung leidet. Dabei ertappe ich sie regelmäßig, wie sie unvermittelt neben mir – der ich im Dunkeln versonnen letzten Gedanken über Gott und die Welt nachhänge – auffährt, ein vollkommen unmotiviertes „Psst!“ herüberzischt und ohne jedes Anzeichen des Erwachens wieder in die Kissen zurücksinkt. Ich finde, das hat etwas besorgniserregend Somnambules. Die Beweiskraft eines mitgelaufenen Diktiergerätes hat die Gefährtin bisher immer mit der Behauptung abgeschmettert, da müsse ein Bedienungsfehler vorliegen. So prügelt sie denn weiter – wenn auch bisher nur verbal – auf mich ein, kaum dass ich des Nachts den Mund zum Atmen öffne. Ich habe mir in meiner Not schon überlegt, ob ich nicht ein paar entschuldende Referenzen von früheren Teilerinnen meines Lagers beibringen sollte, aber ich hege den Verdacht, dass es dann mit meiner Nachtruhe erst recht vorbei sein wird.