die wahrheit: Zaubrige Summsätze
Denkdämonen: Schmerzschöne Reise in einem weitwilden Land.
Wunderfein zaubrige Summsätze sind es, mit denen die Schauspielerin Jeanette Hain in der Tagesspiegel-Prominentenrubrik "Was ich mag - Was ich nicht mag" unter anderem zu Protokoll gibt, was sie am Kino schätzt: "Sich in die Dunkelheit zu versenken, umarmt von der Sehnsucht nach einem weitwilden Land."
An ihrem Leben wiederum mag sie: "Dass ich nach einer langen schmerzschönen Reise beglückt bei mir daheim angekommen bin und die Angst nur noch selten vor der Tür steht." Kein Wunder, denn was soll die Angst da, wenn Frauchen immer verreist ist? Und beim Aufstehen: "Kinder und Hund im Bett, den Mund meines Traummannes immer noch auf dem eigenen, am Horizont eine leise Ahnung von Kaffee."
Früh befällt den Leser eine mehr als leise Ahnung von Frau Hains rosa wattigem Gefühlshorizont. Eiapopeia, was raschelt im Stroh? Es sind die vielen Sätzchen?
Als Spezialistin für traulich murmelnde Wortkaskaden, die wie goldener Glücksklee durch ein Sieb aus den Träumen schlafender Hasenkinder rieseln, würde sie folgenden Satz gerne öfters hören: "Es gibt Frieden, all überall." Leider ist ihr Wunsch schwer zu erfüllen, da kaum ein Mensch, der auch nur halbwegs seine drei Zwetschgen beisammen hat, die Formulierung "all überall" benutzen würde, es sei denn, er wäre fünf Jahre alt und sagte ein Weihnachtsgedicht auf.
Weniger mag die ambitionierte Laienlyrikerin hingegen, "wenn sich morgens gegen drei das bleierne Gedankengespenst auf mich wirft und dabei mein Hirn explodiert." Ich glaube, das würde ich auch nicht mögen. Das schwere Gedankengespenst! Mitten in der Nacht! Nur ihre Begründung verstehe ich nicht ganz. Mir fielen ja als erste Argumente gegen diesen spooky Übergriff des Hirngespenstes Ruhestörung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch und grober Unfug ein, eventuell auch sexuelle Nötigung. Und nicht, dass mein Hirn explodiert. Ganz davon abgesehen, dass ihres ganz offenkundig schon längst explodiert ist.
Darauf deutet nicht nur hin, dass sie jede Nacht einen adipösen Denkdämon auf sich rumturnen lässt, anstatt ihm die Tür zu weisen (wo er dann gemeinsam mit der Angst im kalten Hausflur vor sich hin zetern kann), sei es mit freundlichem Zureden, klaren Worten oder, wenn das alles nichts hilft, auch mithilfe einer einstweiligen Verfügung. Sondern auch, dass sie am Aufstehen nicht mag, "dass ich nicht mehr fliegen kann" und an zu Hause: "Es gibt kein Zimmer mit Meerblick." Wenn eine Nacht für Nacht übers Kuckucksnest fliegt, solange sie nicht gerade als Trampolin für einen rabiaten Birnengeist herhalten muss, dürfte deren Psyche schon länger auf einer schmerzschönen Reise in einem weitwilden Land unterwegs sein. Vielleicht dringt ja trotzdem noch dieser kleine Tipp durch die sehnsuchtsvolle Dunkelheit: Wer ein Zimmer mit Meerblick haben möchte, sollte ans Meer ziehen - das erhöht die statistischen Chancen auf die gewünschte Unterkunft ungemein.
Denn bislang wohnt sie noch in Berlin. Da ist noch nicht mal eine leise Ahnung von Meer am Horizont. An der Stadt mag sie "Die Freiheit, in den Himmel wachsen zu können." Woanders geht das ja nicht. Was sie an ihrer Heimatstadt hingegen nicht mag: "Es gibt keinen Herzschlag am Potsdamer Platz." Dafür muss es da zumindest einmal einen Hirnschlag gegeben haben, vermutlich auf dem roten Teppich vor dem Berlinale Palast.
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