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die wahrheitDeutschland. Ein Hitlermädchen

Ein Freund von mir erklärte mir neulich, nun sei er so weit, sich "Deutschland. Ein Sommermärchen" anzutun. Denn jetzt, nach vier Jahren,...

Werbekarte von "Shakespeare & Co." (1978) Bild: Archiv Ringel

... könne man das Wortmannsche Machwerk endlich mit Humor würdigen, weil sich der nationalbuddhistische Messias Klinsmann auch in der öffentlichen Reflexion wieder in den kieksenden schwäbischen Hanswurst zurückverwandelt habe, der er schon immer gewesen sei. Da gelte nach wie vor das Diktum "Komödie ist Tragödie plus Zeit"; in diesem Sinne verspreche das Elend der klinsmännischen Existenz inzwischen einen hysterisch-komischen Fernsehabend.

Das fand ich einleuchtend. Es gibt nun einmal Dinge, die man in dem Moment, in dem sie passieren, ignorieren muss, aus ästhetisch-moralischen Gründen. Später hingegen können sie einem viel Freude bereiten.

Ein anderes Beispiel ist "Der Untergang" von Oliver Hirschbiegel. Sechs Jahre bin ich dem Film aus dem Weg gegangen, weil mir die Grundidee, Hitler als "Mensch" zu präsentieren, schon immer ekelhaft erschienen war. Und überflüssig: Selbstverständlich war Hitler ein Mensch - und kein Frettchen oder Fruchtjoghurt, aber was hat man von dieser Erkenntnis? Und dann diese medialen Reaktionen, die den Film ernst nahmen, die schauspielerdoofen Interviews, die aus Bruno Ganz heraussuppten, die Oscar-Nominierung - spätestens hier war mir klar, so was kann und darf man sich nicht anschauen.

Inzwischen sieht das alles anders aus. Niemand interessiert sich mehr für den "Untergang". Er wird dafür benutzt, Lücken im nächtlichen Fernsehprogramm zu stopfen oder wird auf YouTube parodiert. Deswegen - und weil ich zu faul war, meine Fernbedienung zu suchen - zappte ich jetzt einfach mal nicht weg. Und was soll ich sagen: Selten habe ich so herzhaft gelacht und mich rundum bestätigt gefühlt: Es handelt sich wirklich um den schlechtesten Film aller Zeiten - von "Die Unberührbare" mal abgesehen.

Aber Respekt: Die Figuren-Darstellungen, nicht nur von Onkel Adolf, sind tatsächlich so naiv "menschlich" geraten, dass man sich dauernd bei Gedanken ertappt wie: "Och Menno, der arme Hitler, dass der auch so schlimm Parkinson haben muss, aber vielleicht findet ja doch noch mal jemand ein Medikament." Und am Ende bangt man wie in jedem anderen emotionsgeladenen Filmschinken mit den Hauptfiguren und drückt ihnen unwillkürlich die Daumen: "Vielleicht schaffen sie es ja doch noch und kommen irgendwie alle heil aus dem Bunker raus." Schließlich hat man ja fast drei Stunden mit ihnen verbracht und sie doch ein bisserl lieb gewonnen …

Nur eins beziehungsweise einen habe ich vermisst: Götz George. Der hätte in diesem Staraufgebot eigentlich nicht fehlen dürfen. Aber unter Hitler himself hätte es George vermutlich nicht gemacht. Die Rolle war aber leider schon weg. George wäre allerdings auch ein großartiger Stalin, Herr Eichinger, nur mal so als Idee. Wenn Sie den Film jetzt drehen, würde ich ihn mir in zwanzig Jahren glatt ankucken, versprochen.

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10 Kommentare

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  • M
    Mary

    sehr geehrte Frau Lisa,

     

    finden sie "Der Untergang" hat etwas mit Patriotismus zu tun? Also wenn, dann ist das glaube ich eine ziemlich falsche Art von Patriotismus.

    Darauf will ich meinen "Vaterlandsstolz" nicht begründen.

  • G
    GreenSpam

    @Lisa/Kommentar #3

     

    Natürlich darf man sich über derlei plumpe Versuche mittels Generierung nationaler 'Helden', oder durch vermeintlich erfolgreiche Aufarbeitung der Geschichte ein geläutertes, wieder im Glanze auferstandenes Land zu präsentieren LUSTIG(war doch sicher das Wort, welches sie missen ließen) machen.

     

    Keine Sorge, sicherlich betrachtet der Autor ähnliche Werke mit Nationalepos (James Ryan, Tal der Wölfe uvm.) mit ebensoviel Zynismus und Hohn.

  • H
    hund

    Seine wichtigste Aufgabe hat der Film erfüllt: er hat zum Denken angeregt. Auch wenn beim Autor des Films dieser Prozeß vielleicht im Ansatz stecken geblieben ist. Ich habe jedenfalls im Kino damals niemanden Lachen gesehen oder gehört. Allerdings haben sich einige Besucher, besonders Jugendliche, nach der Vorstellung sehr schlecht gefühlt.

  • G
    gander

    vielen dank für diesen artikel. ich bin froh, dass es noch menschen gibt, die nicht bedingungslos alles preisen, was das scheinbar kritiklose und zum größenwahn neigende kollektiv für gut befindet.

  • P
    Pecuchet

    Ha ha, das finde ich gut.

     

    Die Idee zu der Untergang ist selten abgeschmackt, was für ein gräusliches Wichtiggetue. Hitler mal als Mensch zeigen, auf solchen Quatsch kommen nur Leute, die glauben, Bernd Eichinger wäre ein bedeutender Filmproduzent. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich den Film aber nie ganz schauen können, ich finde ihn einfach sturzlangweilig.

  • M
    Max

    Die Kommentare unter den Wahrheitartikeln sind meistens noch witziger als die Artikel selber. Was hier rassistisch sein soll, kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Haha, Patriotismus und "Filmkunst", alles klar Lisa, na dann viel Spass damit.

  • FF
    Frank Fischer

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Brillanter Artikel. Trifft genau den Punkt. Gilt auch für eine ganze Reihe weiterer vermeintlich großartiger "Kulturleistungen" aus deutschen Landen.

  • L
    Lisa

    Ich finde den Artikel des Herren Kurdi sehr rassistisch. Darf man sich so unverholen über den Patriotismus und die Filmkunst eines Landes machen, nur weil sie deutschen Ursprungs sind?

    Ich finde das schade.

  • P
    pupsilein

    so ein schwachsinniger artikel!

     

    in "der untergang" hat mir hitler kein einziges mal leid getan. vielleicht kam es daher, dass sie den film mit sehr eindeutigen vorurteilen angesehen haben?

     

    adiö

  • A
    Andy

    Nazis verkaufen sich einfach gut. Gut wird dadurch kein Film.