die wahrheit: Nichts weniger als gut
Hierzulande oszilliert die Gemütslage gemeinhin zwischen Alarmismus und Hysterie, zwischen Skandalisierung und Aufgeregtheit, unterbrochen lediglich von völliger Erschöpfung.
Zugegeben, dieser Befund ist keine Neuigkeit, die Symptome sind gleichwohl schwer zu erdulden. Um so dringlicher schleudern wir nun dem teils panischen, teils süffisanten Grundgefühl einen Bannstrahl entgegen, verweilen im Gleichmut der Zuversicht.
Denn mitnichten ist alles schlimm oder schlecht, weder bösartig noch heimtückisch, sondern im Gegenteil vieles schlicht und ergreifend gut. Zumal dank der Amtssprache wird in Deutschland mit dem Gut buchstäblich gewuchert.
So herrscht an Treibgut kein Mangel, ob auf einer Nordseeinsel oder am Ostseestrand. Das Liedgut wiederum schallt ringsumher, kommt dem Raubgut zuvor. Zügig öffnen wir sogar den Vorhang für ein Mikrodrama: Nachdem Barbara, eine Freundin von mir, nach Gripenhof gesiedelt war, dem Erbgut ihres Bräutigams, verlangte dieses Scheusal, sie solle ihr Erbgut, mithin die Gesamtheit ihrer Gene, checken lassen. Barbara entfloh diesem Irrsinn.
Was dann geschah, werde ich späterhin schildern, derweil wir uns zum Ausgleich einem der beliebtesten Güter dieser Hemisphäre zuwenden, dem Grillgut. In demselben Supermarkt, wo man sich noch und nöcher mit Grillgut ausrüstet, kann man, und glaubt es kaum, einen Automaten mit Leer- und Pfandgut füttern. Und empfängt sogar Geld dafür! Übrigens fasst das Konsumgut diesen Facettenreichtum zusammen, greift so weit um sich, dass es statthaft ist, von Beutegut, Schmuggelgut und Kapergut zu schweigen.
Allein diese Zeugnisse verhelfen dazu, die zwischen Erregung und Stumpfheit wechselnden Fieberzustände in der Bevölkerung zu lindern. Deshalb verzichten wir auf die Erwähnung des Sturzguts, des Schüttguts und des Streuguts. Zu ergänzen jedoch wären das Stapelgut, das Feingut und das Genausogut, das in Varianten den zwanghaften Willen zum Besserwerden um Längen schlägt.
Abrupt verlassen wir also das Terrain, wo nebenher Gemeingut und Steingut, Frachtgut und Tunichtgut beheimatet sind. Wir ändern die Richtung ein wenig, eingedenk eines Leit- oder Leiersatzes der Moderne, denn "immer radikal, niemals konsequent in den wichtigsten Dingen zu verfahren, wäre auch meine Gesinnung", nicht nur, wenn ich Walter Benjamin hieße.
Gedanklich dem Gut benachbart nämlich verdingt sich das Spiel, das sich gleichfalls dem medialen Terror der Unruhe widersetzt. Spiel als Zeitvertreib schürt bei aller Ernsthaftigkeit gute Laune. Doch typischerweise wird dem Spielen des Öfteren Einhalt geboten. Bestätigt wurden Barbara und ich kürzlich in einer Schenke, als wir spaßeshalber Münzen in das Geldspielgerät Rotamint Royal warfen. Sie verwies bald auf die eindringliche Warnung neben dem Einwurfschlitz: "Übermäßiges Spiel ist keine Lösung für persönliche Probleme!" - "Kommt drauf an", meinte Barbara. "Gehen wir jetzt zu dir oder zu mir?"
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