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Archiv-Artikel

die taz vor zehn jahren über den mykonos-prozess in berlin und den „kritischen dialog“ mit dem iran

Seit voriger Woche ist Außenminister Klaus Kinkels „kritischer Dialog“ mit dem Iran nicht mehr kreditwürdig. Was der ehemalige iranische Staatspräsident Abol Hassan Bani Sadr als Zeuge der Anklage beim Berliner „Mykonos“-Prozeß aussagte, muß auch in Bonn Eindruck gemacht haben: Der Mord an den vier kurdischen Oppositionellen sei auf persönliches Geheiß der iranischen Staatsführer Ajatollah Chamenei und Ali Akbar Rafsandschani durchgeführt worden.

Zwar hat Bani Sadr noch keinen unanfechtbaren Beweis vorgelegt. Seine Aussagen scheinen trotzdem seriös: Der 62jährige Exilpolitiker gilt nicht als Aufschneider. Was er in den vergangenen 16 Jahren in seinem Pariser Exil sagte und schrieb, hat sich stets als stichhaltig erwiesen. Dies räumen auch jene laizistischen Oppositionellen ein, die mit der islamischen, wenn auch reformerischen Denkrichtung von Bani Sadr nicht unbedingt einverstanden sind.

Wenn Bani Sadr also sagt, daß der iranische Geheimdienstchef Falahian und seine Mordbanden, die bisher 60 Oppositionelle im Ausland ermordet haben, ohne ausdrückliche Zustimmung der iranischen Führung nicht tätig geworden wären, kann dem Glauben geschenkt werden. Wäre es nicht so, dann hätten die hohen Machthaber Falahian, spätestens seit die deutsche Bundesanwaltschaft gegen ihn als Drahtzieher der „Mykonos“-Morde Haftbefehl erlassen hat, aus dem Verkehr gezogen. Doch im Gegenteil: Die im Westen als Mörder Gesuchten werden in Teheran als Helden gefeiert.

Mit Bani Sadrs Auftritt in Berlin werden jene Stimmen immer lauter, die eine ernsthafte Revision der deutschen Iran-Politik fordern. Der Handel mit dem Iran mag profitabel sein. Doch das Geschäft ist zu blutig, als daß es einfach hingenommen werden könnte.

Ahmad Taheri in der taz vom 25. 8. 1996