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Archiv-Artikel

die taz vor zehn jahren über den heftigen, schier endlosen streit über das holocaust-mahnmal in berlin

Trotz der Entdeckung eines mutmaßlichen Goebbels-Bunkers auf dem Gelände des zukünftigen Holocaust-Mahnmales stehen Standort und Baubeginn der Gedenkstätte nicht zur Disposition. „Das Mahnmal ist in keiner Weise gefährdet“, sagte der Landesarchäologe Wilfried Mengin. Denkmalschützer sollen die Funde begutachten und dokumentieren.

Unabhängig von der Entdeckung des Bunkers machte auch Lea Rosh vom Förderverein für ein Holocaust-Mahnmal am Montag abend unmißverständlich klar: Das Mahnmal werde gebaut, der Baubeginn sei im Januar 1999. Der Standort werde nicht mehr geändert, und das Wichtigste: Einer der vier in die engere Auswahl gekommenen Entwürfe werde definitiv realisiert.

Wer letztlich über den endgültigen Entwurf entscheidet, blieb aber weiter unklar. Lea Rosh möchte auf jeden Fall eine gemeinsame Entscheidung: „Wir versuchen, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.“ Rosh betonte auch, daß es entgegen anderslautenden Zeitungsberichten falsch sei, daß der Kanzler das Labyrinth mit 4.000 Betonpfeilern von Eisenman/Serra favorisiere. Beim Kohl-Besuch in der Marstall-Galerie vergangene Woche wurde zwar darüber „am längsten“ diskutiert, so Rosh, aber nur, weil der Entwurf „interessant und kompliziert“ sei. Kohl hatte dem Duo danach empfohlen, seinen Entwurf noch einmal zu überarbeiten. Doch nur deshalb, weil Eisenman und Serra bisher nicht zur Vegetation und zum Umfeld des Mahnmales Stellung genommen hätten.

Der Historiker Julius Schoeps, Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrums in Potsdam, hatte immer wieder dafür plädiert, den Bundestag formal über das Mahnmal abstimmen zu lassen. Auch der Historiker Wolfgang Mommsen forderte, Bundesregierung und Kanzler nicht allein entscheiden zu lassen. Sonst erinnere das Verfahren an den Habitus Bismarcks, sagte Mommsen.

Julia Naumann, 28. 1. 1998