piwik no script img

Archiv-Artikel

die taz vor 17 jahren über die ergebnisse des duisburger parteitags der grünen

Duisburger als Neuanfang? – Da kommt es wohl auf den Standpunkt an. Verglichen mit der im Karlsruher Vorstandssturz beendeten Fundi-Dominanz haben die realpolitisch orientierten Grünen Grund zur Freude. Mit Ruth Hammerbacher und dem Aufbruch-Repräsentanten Ralf Fücks haben sie zweifellos ihre Position im Sprechergremium gestärkt. Eine wirkliche Überraschung und Indikator für einen nachhaltigen Wertewandel in der grünen Seele wäre die Wahl des so oft als ätzendes Scheidewasser erprobten Realos Udo Knapp gewesen. Doch Knapps Wahl ging eben knapp daneben. Aber auch vom befürchteten Debakel derer, die das Etikett links für sich allein beanspruchen, kann nicht die Rede sein; dafür stehen Verena Krieger, Jürgen Reents und Martha Rosenkranz.

Die Veränderungen bei den Grünen gehen jedoch über Namen hinaus. Bestimmend bei der Neubesetzung des Vorstands war der Wille der Delegierten, unabhängig zu werden von der öden Strömungslogik. Die Wahl ist ein Plädoyer für Gespräche und eine konstruktive Weiterentwicklung der Partei, auch wenn die „Linken“ dies vergeblich als billige Harmoniebestrebung diffamierten. Sie haben sich dadurch selbst geschadet. Zum manifest gewordenen Sinneswandel paßt die Kür von unbelasteten Persönlichkeiten als Sprecher, die eine Diskussionsfähigkeit glaubwürdig vertreten können.

Die Delegierten waren es leid, sich von Ditfurth oder Ebermann erzählen zu lassen, daß ihre Linie gut und die Partei schlecht sei. Sich beständig beschimpfen zu lassen, hat selbst bei der schier unbegrenzten Leidensfähigkeit der Grünen ihre Grenzen. Die Macht, die Felder zu bestimmen, auf dem grüner Streit stattzufinden habe und diesen zu dominieren, haben die abgenutzten Führerfiguren verloren. Der Sturz von Karlsruhe hat wie eine Befreiung auf die Mitglieder gewirkt. Die Folgen wurden nun in Duisburg manifest.Gerd Nowakowski, 6. 2. 1998