die taz vor 10 Jahren über das ende des impeachment-verfahrens gegen bill clinton :
Eigentlich war Bill Clinton des Machtmißbrauchs und der Behinderung der Wahrheitsfindung angeklagt. Doch im Lande verstand man: Sexaffäre. Im Gedächtnis der Nation wird also zurückbleiben, daß ein Präsident wegen einer sexuellen Übertretung aus dem Amt gejagt werden sollte.
Auf eine eigenartige Weise hat die sexuelle Revolution der 60er Jahre damit zugleich gesiegt und verloren. Wegen eines Seitensprungs, wegen Sex im Amt kann man heute so leicht niemanden feuern. Und doch hat die Auseinandersetzung um Clintons Sex die Auseinandersetzung um Moral im allgemeinen auf erschreckende Weise eingeengt: Es scheint, als ginge es der Bürgerrechts-, der Frauen- und Anti-Vietnamkriegs-Bewegung nicht um mehr als die Umwälzung einer vermufften Sexualmoral.
Es wäre eine Ironie der Geschichte, wenn Clintons Amtszeit in den kommenden Jahrzehnten nur daran gemessen würde, wie er die Sexualmoral beeinflußt hat, und nicht daran, was er als Auftrag seiner Generation mitbrachte: an der Schaffung von mehr Gerechtigkeit und mehr Ausgleich für ein Land, dessen Klassen, Rassen und Geschlechter tief miteinander verfeindet sind. Peter Tautfest, taz vom 13. 2. 1999