: die angst
Präzedenzfall Herten
13. September 1996, „schwarzer Freitag“ im westfälischen Herten. Gesundheitsdezernent des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Wolfgang Pittrich, überbrachte dem Stadtrat die Nachricht: Herten soll Standort einer forensischen Psychiatrie mit 90 Plätzen werden. Innerhalb weniger Stunden formierten sich die Forensikgegner. Nach drei Wochen hatten sie 70.000 Unterschriften zusammen. Wer Ja zum Neubau sagte, war ihr Feind.
Ausschlaggebend für den Amoklauf der Hertener Bürger war der Fall Marc Dutroux in Belgien und das Tötungsdelikt an der Erstklässlerin Natalie Astner. Der Ruf nach schärferen Gesetzen wurde laut: „Eier ab, Rübe ab, Euthanasie“, den Hertener Ratsgrünen gedroht: „Euch sollte man mit dem Kopf nach unten aufhängen.“
Axel Horstmann (SPD) knickte schließlich ein. Birgit Fischers Amtsvorgänger im Düsseldorfer Gesundheitsministerium musste Planungsfehler des LWL eingestehen. Tatsächlich scheiterte er an Protesten der Genossen, die Exministerpräsident Johannes Rau bedrängten, den zweitgrößten SPD-Unterbezirk in NRW nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
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