die anderen :
Zum Wahlausgang in Spanien schreibt die unabhängige Zeitung El Mundo aus Madrid am Dienstag: Spaniens Sozialisten benötigen ähnlich wie die Rechte in den Achtzigerjahren eine Rundumerneuerung. Wenn dies nicht geschieht, wird jeder künftige Parteichef als Marionette des Ex-Ministerpräsidenten Felipe González betrachtet. Die personelle Erneuerung allein reicht nicht. Die Partei muss auch die Vergehen ihrer Politiker in der González-Ära offen eingestehen. Die schwere Krise der Partei hat gerade erst begonnen.“
Die französische Zeitung Midi Libre kommentiert das spanische Wahlergebnis so: Die Baskenfrage ist immer noch ungelöst, ebenso wie das korsische Problem in Frankreich. Aber José María Aznar hat sein Land entfesseln können und ihm zu einem Neustart verholfen. Als Liberaler steht er dem Briten Tony Blair und dem Deutschen Gerhard Schröder nahe. Die drei haben eine ähnliche Sicht der Dinge, die sich von der des französischen Premiers Lionel Jospin abhebt, der weiterhin einer sozialistischen Politik verbunden bleibt.
Die holländische Tageszeitung De Volkskrant zum selben Thema: Die Sozialisten sind nie darüber hinweggekommen, dass ihr früherer Chef González als Folge von Skandalen abtreten musste. Die Partei hat die Zeit in der Opposition nicht genutzt, um sich inhaltlich und personell zu erneuern. Aznars Partei hat den Spielraum genutzt, um sich als dynamische, swingende Partei zu profilieren. Sie hat sich an das moderne und moderate Image anpassen können, von dem in Teilen Europas Sozialdemokraten profitiert haben.
Die Neue Zürcher Zeitung meint zum Wahlsieg der Konservativen: Die Zentralregierung in Madrid hat nun die Freiheit, statt einer Regionenpolitik „à la carte“ eine kohärentere, einheitlichere Linie zu finden. In der Wahlnacht hat Aznar, hölzern und steif wie immer, versichert, dass die kommende Legislaturperiode vom Dialog geprägt sein werde. Das Gespräch mit den politischen Gegnern gehört aber nicht zu seinen Stärken, der Regierungschef hat es oft mit einem Schlagabtausch im Wahlkampf verwechselt.
Die liberale finnische Tageszeitung Helsingin Sanomat meint: Der Sieg fiel höher aus als erwartet. Für die Spanier hat Aznars erste Amtszeit wirtschaftliches Wachstum und politische Stabilität bedeutet. Der Schatten des Diktators Franco scheint endgültig aus dem politischen Leben Spaniens verschwunden zu sein. Die schwierigsten Probleme der letzten Jahre sind die Position des Baskenlandes und der neu erstandene Terrorismus. Aznar kann es sich jetzt leisten, nicht nur Stärke, sondern auch Flexibilität und Großmut zu zeigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen