die anderen:
Die Komsomolskaja Prawda aus Moskau über Präsident Putins Rolle beim U-Boot-Unglück: Die Verantwortung für die Annahme ausländischer Hilfe lag bei Putin – bei niemandem sonst. Ein Staatschef darf nicht im Urlaub auf dem Schwarzen Meer schaukeln, während mehr als 100 Bürger seines Landes in einem Stahlsarg auf dem Meeresgrund ersticken. Wird Putin die Verantwortung für die falsche Einschätzung des Unglücks, die Verzögerungen, die Lügen des Marinekommandos übernehmen? Wohl kaum.
Die Nesawissimaja Gaseta kritisiert: In der Gesellschaft wächst die Unzufriedenheit mit dem schleppenden Verlauf der Rettungsaktion. Dies wird auf jeden Fall spürbar dem Ansehen von Wladimir Putin schaden. Im Tschetschenien-Krieg handelte der Präsident entschieden, das Schicksal von 118 unter Wasser gefangenen russischen Männern ließ ihn aber praktisch gleichgültig. Auch mit einer Verfälschung von Tatsachen wird es kaum gelingen, das Versagen der russischen politischen und militärischen Elite zu vertuschen.
Le Monde aus Paris schreibt über die politischen Lehren aus dem Schiffbruch der „Kursk“: Von Anfang an hat das Drama enthüllt, dass die zivilen und militärischen Führer Russlands, allen voran Präsident Putin, noch immer tief mit den Fehlern eines bleiernen Sowjet-Denkens behaftet sind. Als ob Tschernobyl keine Lehre gewesen wäre: Die Dinge werden geheim gehalten. Und dann ist da die sowjettypische Geringschätzung des menschlichen Lebens: Die Männer auf der „Kursk“ haben keine Priorität. Geringschätzung liegt auch in dem Schweigen des Wladimir Putin, der, solange auf Urlaub am Ufer des Schwarzen Meeres, keine Worte für das Drama gefunden hatte.
La Repubblica aus Rom kommentiert: Auf seine erste schwere Herausforderung reagierte Putin wie der Mann, der er am Anfang seiner Regierungszeit gewesen zu sein schien. Ein „Herr Niemand“. Ein vielleicht fähiger Funktionär, dem aber die Erfahrung und die Sensibilität des Politikers und die Entschlossenheit des Staatsmannes fehlt. Statt der Woge der Emotionen im Land Ausdruck zu geben, dachte der Präsident, die Lage verkennend, dass es besser wäre für ihn, sich herauszuhalten. Statt sofort Entscheidungen zur Rettung der Seeleute zu treffen, auch auf die Gefahr hin, mit der Annahme ausländischer Hilfe den desaströsen Zustand der russischen Streitkräfte zu zeigen, hat er drei Tage verloren. Das sind gravierende Fehler, die Putin mit plumpen – man muss fast sagen lächerlichen – Rechtfertigungen noch unerträglicher gemacht hat.
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