die anderen:
Zur erneuten Zinssenkung der US-Notenbank meint die Neue Zürcher Zeitung: Geldpolitik kann nicht alles richten, auch nicht jenseits des Atlantiks. Die Verfolgung mehrerer Ziele mit einem Instrument zeitigt in der Regel suboptimale Resultate. Diese Erkenntnis vermag selbst Greenspan nicht zu relativieren. Solches hat er offenkundig auch nicht im Sinn. Greenspan scheint sich nämlich längst entschieden zu haben und die Fed-Politik seit geraumer Zeit ausschließlich in den Dienst der Konjunkturpolitik stellen zu wollen. Das riecht zwar nach problematischem Keynesianismus, wird aber vom Sinn und Geist des gesetzlichen Auftrags zumindest getragen.
Zur Abschaffung der Wehrpflicht in Frankreich bemerkt La Croix aus Paris: Der sofortige Rekrutierungsstopp und die Ankündigung, die letzten Rekruten der Wehrpflichtarmee vor dem Jahresende nach Hause zu schicken, haben einen gewissen Überraschungseffekt. Seit zwei Jahren war klar, dass ein deutlicher Schnitt die beste Möglichkeit sein würde, den Übergang von der Wehrpflicht- zur Berufsarmee zu vollziehen. Also musste man so vorgehen, wie es jetzt geschah: Die Debatte ist beendet, es gibt keine Einberufung mehr. So wird die Verteidigung Frankreichs wieder nach dem alten Muster gestaltet, das Jahrhunderte hindurch gültig war – sie wird wieder zu einer Sache von Profis. Verständlich ist die Erleichterung von einigen zehntausend Jugendlichen, die nun nicht mehr eingezogen werden. Sie wären die letzten Rekruten eines überlebten Systems gewesen.
Zur wirtschaftlichen Krisenstimmung in Deutschland schreibt The Times aus London: Deutschland wäre weniger verwundbar, wenn der Bundeskanzler wirklich ein Modernisierer wäre. Tatsächlich jedoch hat Schröder bei der Rentenreform nur herumgefuchtelt, seine Steuerreform ist lediglich ein komplizierter Schuldschein, und auch den Arbeitsmarkt hat er nicht entbürokratisiert, sondern weiter reguliert. Wenn seine halbherzigen sozialen Reformen nicht schmerzen, dann deswegen, weil sie den gut gepolsterten Wohlfahrtsstaat nicht angetastet haben. Nachdem Schröder zu wenig getan hat, als die Zeiten gut waren, wird er die Gewerkschaften oder andere Interessengruppen nicht mehr vor den Wahlen des Jahres 2002 herausfordern. All das ist schlecht für Europa: Denn so wie es Deutschland geht, so geht es der Eurozone. So lange Deutschland stolpert, wird der Euro schwach bleiben. Diese Schwäche wiederum treibt die Inflation nach oben. Dies ist noch keine Stagflation. Aber über dem europäischen Kontinent liegt ein Hauch der 70er-Jahre.
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