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Archiv-Artikel

die anderen über sarkozys atomgeschenk für oberst gaddafi

Die Pariser Zeitung Le Figaro kommentiert: Darf man Oberst Gaddafi vertrauen? Diesem Führer, der lange Zeit ein Staatsterrorist war, die Zerstörung von zwei westlichen Verkehrsflugzeugen gebilligt hat, sich kürzlich gewandelt hat und jetzt in „das Konzert der Völker“ zurückkehren will? Die größte Vorsicht ist angebracht. Libyen bleibt eine Diktatur ohne jede Gegenmacht, die von einem unvorhersehbaren Mann beherrscht wird. Selbst wenn es um große Aufträge geht und selbst wenn das Uran, von dem Libyen überquillt, ein seltener Rohstoff ist, den Frankreich benötigt, so muss man doch feststellen, dass die Entsalzung von Meerwasser auch ohne Kernenergie funktioniert. Ganz allgemein ist es nicht ungerechtfertigt, dass die zivile Atomkraft in den südlichen Mittelmeerraum eindringt, in Algerien, Marokko und bald auch in Ägypten und Libyen. Aber sie ruft – in einer Region, die chronisch instabil ist – auch Beunruhigung hervor.

Die Zeitung Le Monde meint dazu: Oberst Gaddafi kann ein wichtiger Gesprächspartner in den blutigen Konflikten Ostafrikas sein, namentlich in Darfur. Er kann genauso gut ein Unruhestifter wie ein Vermittler des Friedens sein. Frankreich hat im Tschad mehrfach diese Erfahrung gemacht. Und Gaddafi kann ein Verbündeter für die Mittelmeerunion sein, die Sarkozy so teuer ist. All das sind Argumente für enge Beziehungen zu Libyen, wenn dieses Land endlich den Regeln des guten internationalen Benehmens ein Mindestmaß an Respekt zollt. Die Eile, die der französische Präsident gezeigt hat, hinterlässt aber einen bitteren Nachgeschmack. Sarkozy wollte Moral in die Außenpolitik einführen. Libyen ist zumindest ein Gegenbeispiel.

Die Finanzzeitung La Tribune schließlich schreibt: Die Kikerikis, die die Ankündigung der Erfolge der französischen Atomindustrie begleiten, sind legitim. Die wirtschaftlichen Vorteile und die Arbeitsplätze aus solchen Großaufträgen nimmt man gerne. Unser Vergnügen wäre vollkommen, gäbe es da nicht dieses kleine Unwohlsein, wenn der Name Gaddafi mit dem Wort Atom zusammengebracht wird. Man kann schwerlich vergessen, dass der libysche Staatschef ein wunderlicher Mensch mit unvorhersehbarem Verhalten ist. Seine belastete Vergangenheit rechtfertigt, dass man aus ihm nicht von einem Tag auf den anderen einen Chorknaben macht. Und wie soll man sich nicht daran erinnern, dass der Irak, der Iran und Pakistan jahrelang geschworen haben, Kernkraft nur zu zivilen Zwecken zu nutzen. Man weiß, was daraus wurde.