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Archiv-Artikel

die anderen über das programm der französischen präsidentschaftskandidatin ségolène royal

In London schreibt der Daily Telegraph: Ségolène Royal erscheint wie jeder andere moderne Mitte-links-Politiker: nicht auf Lehrmeinungen festgelegt, unspezifisch, charismatisch, Dritter Weg. Sie spricht fast vollkommen in Klischees, stets bemüht, den Eindrück zu vermitteln, dass ihre Ansichten ganz mit denen aller anderen übereinstimmen. „Meine Meinung ist die des französischen Volkes“, sagte sie kürzlich. Solche Politik macht sich, individuell betrachtet, gut für Wahlen. Doch wir vermuten, dass die Franzosen, wenn sie an die Wahlurnen treten, den Unterschied zwischen einer nicht bezahlbaren Wunschliste und einem Regierungsprogramm erkannt haben.

Die Basler Zeitung meint: Ganz sicher hat es Ségolène Royal schon jetzt geschafft, frischen Wind in Frankreichs politische Kultur zu bringen. Das ist vielleicht eine erste Antwort auf die Frage, was denn die Feminisierung der Politik bedeute.

In Rom kommentiert La Repubblica: Viele, sogar Führer in ihrer eigenen Partei, haben gezweifelt, ob Ségolène Royal ihre Rolle tatsächlich ausfüllen kann. Seit Sonntag müssen viele von ihnen ihre Meinung ändern. Mit ihrer direkten Sprache, die sich deutlich von der traditionellen Politikersprache unterscheidet, hat Ségolène Royal ganz offenbar mit erheblichem Erfolg so etwas wie eine Aufnahmeprüfung bestanden. Sie hat bewiesen, dass sie eine politische Vision besitzt und dass sie in der Lage ist, diese Vision auch auszudrücken.

In Mailand findet der Corriere della Sera: Für Ségolène Royal war es am Sonntag die erste öffentliche Konfrontation mit ihrem Gegner Nicolas Sarkozy, der etwa zur gleichen Zeit sprach wie sie. Es waren Wahlkampfreden, bei denen es um Bilder und Kommunikation ging, man wollte Charme und den Eindruck von Kompetenz verbreiten, mehr jedenfalls als Versprechungen und pragmatische politische Lösungen. Wer von Ségolène Royal eine Wende nach links erwartet hatte, um die in letzter Zeit etwas desorientierten Truppen aufzurütteln, wurde enttäuscht.

In Paris kommentiert Le Figaro: Ségolène Royal ist keine Rednerin; sie hat es dennoch geschafft, in ihrem Publikum Momente echter Emotionen zu erzeugen. Aber darüber hinaus hat das Wunder nicht stattgefunden. Sobald es ums Konkrete ging, war Kühnheit nicht mehr gefragt. Wie die Schulden reduzieren? Ein Rätsel. Wie die Jobmaschine wieder in Gang bringen? Sie sagt es nicht. War das also die Royal der Linken, die zu ihren Anhängern sprach? Etwa mit der Beschlagnahme leerer Wohnungen und der Einbürgerung von illegalen Einwanderern: Die ideologischen Marksteine sind da. Aber wenn es um Fragen geht, die Ärger erzeugen könnten, bleibt sie vorsichtig und unscharf.