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die anderen: aufregung in deutschland, entspanntheit in frankreich, status quo in schweden

Die Abendzeitung aus München meint zum Ehegattensplitting: Das Ehegattensplitting drängt Mütter aus dem Erwerbsleben, schwächt die Alleinerziehenden, behindert eine eigenständige ökonomische Absicherung der Frauen und benachteiligt auch noch nichteheliche gegenüber ehelichen Kindern. Seine Abschaffung ist sinnvoll, aber nur für Spitzenverdiener. Da muss Rot-Grün aufpassen. Alle reden davon, dass Kinder unsere Zukunft sind. Statt Geld für Splitting mehr Geld für Betreuung, auch das ist Zukunft.

Zum selben Thema schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung: Das Ehegattensplitting ist keine Steuervergünstigung, über die die Parteien beliebig verfügen können. Das Bundesverfassungsgericht hat schon Ende der Fünfzigerjahre bestimmt, dass Eheleute nicht stärker belastet werden dürften als nicht verheiratete Personen mit dem gleichen Einkommen. Der Staat darf sich also nicht in die Ehe einmischen, indem er die Hausarbeit steuerlich begünstigt oder bestraft. Doch genau das wäre die Folge einer gesetzlichen Begrenzung der Splittingwirkung, wie sie Sozialdemokraten und Grüne im Sinn haben. Dieser Plan ist verfassungsrechtlich nicht haltbar.

Dernières Nouvelles d’Alsace aus Straßburg kommentiert die Demonstrationen in Frankreich: Die Minister der neuen rechten Regierung sehen in den jüngsten Massendemonstrationen keinen Protest gegen sich, sondern eine „Verbundenheit mit dem öffentlichen Dienst, die wir voll zur Kenntnis nehmen, da wir sie teilen“, wie Regierungssprecher Copé erklärte. Das ist wohl die Methode Raffarin: vor allem Nerven bewahren, nicht provozieren lassen, nicht verkrampfen – gewissermaßen das Gegenteil von Juppé, um das drohende Gespenst der großen Streiks von 1995 abzuwenden. Diese Art und Weise, die erste soziale Konfrontation zwischen der Rechten und den Gewerkschaften glatt zu bügeln, zeigt einen Wunsch nach Entspanntheit. Doch sie darf nicht als Chloroform dienen, um ein erstarrtes Frankreich zu reformieren, ohne es ihm zu sagen.

Svenska Dagbladet aus Stockholm meint zur neuen schwedischen Regierung: Die bürgerlichen Hoffnungen waren unrealistisch, weil die Wähler den rot-grünen Linksblock erneut an der Regierung sehen wollten. Die Mandatsverteilung zwischen den Blöcken wurde durch die Wahl im Grunde nicht verändert, der linke Wahlsieg basiert auf dem Status quo. Verlierer sind vor allem die Wähler, die dem Versprechen der Grünen glaubten, dass sie niemals eine Regierung stützen würden, in der sie nicht selbst Minister stellen.

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