das wetter: Unter Atmern
Hibernikus Nickel war Altluftatmer aus Überzeugung. Frischluft kam ihm nicht in die Lungen. Von den Tausenden Litern, die er jeden Tag in seine Lungenflügel hinein sog, waren 99 Prozent gut abgestandener Brodem. So wie er es einst zu Hause gelernt hatte. Das Stickige lag ihm im Blut, seit seine miefige Mutter, die eine leidenschaftliche Gegnerin des Lüftens war, ihm die Devise seines Lebens mit auf den Atemweg gegeben hatte: „Luft ist dicker als Wasser.“ Mock hoch zehn – das war sein Glück. Pech hatte er allerdings zunächst mit seiner Nachbarin Thurabina Wollinski. Eine frenetische Frischluftfanatikerin. Jeden Morgen Stoßlüften mit großem Hallo. Hibernikus Nickel schnürte es fast die Luftröhre zu. Und doch wurden beide ein Paar, denn Ab- und Frischluft vermengten sich. Ein lauer Rülps hier, ein zarter Hauch da. Wenn das Mutter Mief wüsste!
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